Qualitätsmanagement in der radiologischen Praxis – was bringt ein externer Dienstleister?

Daniel Ellwanger, Leiter des CuraProtect Teams bei Curagita im Gespräch mit Philipp Grömminger (Plus Quality GmbH)

Ellwanger: Herr Grömminger, Sie sind Berater für medizinische Einrichtungen unter anderem zum Thema QM – welchen fachlichen und beruflichen Hintergrund haben Sie?

Grömminger: Ich habe zunächst Chemie studiert, war dann einige spannende Jahre in der Unternehmensberatung tätig und bin 2014 bei Plus Quality, dem Unternehmen, das meine Mutter aufgebaut hat, eingestiegen. Als gelernte Arzthelferin und später als QMB in der Radiologie hatte sie früh erkannt, dass QM ein gutes Thema für eine eigene unternehmerische Tätigkeit ist.

Ellwanger: Nun liegt der Einführungshype Qualitätsmanagement in Arztpraxen ja bereits hinter uns. Bei vielen Praxen läuft das in Eigenregie ganz rund. Wozu braucht man noch externe QM-Beratung durch Sie?

Grömminger: Wir bringen als externe QM-Profis den Blick von außen, unser Wissen ist immer up to date und wir stärken die in den Praxen mit dem Thema betrauten Ärzte und Mitarbeiter. Es gibt nach wie vor sehr viele Praxen und medizinische Einrichtungen, die für QM nicht viel Zeit und Wertschätzung übrighaben.

Oft wird QM als Ordner im Schrank verstanden. Für mich ist QM kein physischer Ordner und schon gar nicht, wenn er seit drei Jahren unbenutzt in einem Schank steht. Ich sage immer: Mir ist es viel lieber, es ist keine Tätigkeit notiert, aber jeder weiß, was er zu tun hat, als wenn sich irgendjemand irgendwann mal eine Arbeitsanweisung gekauft hat und niemand weiß, was sich darin befindet. Also lieber zuerst den Prozess gemeinsam richtig regeln und dann dokumentieren, als eine riesige Dokumentation erstellen, die von niemandem beachtet und gelebt wird. QM ist primär das, was wir tun. Und um das gut zu tun, brauchen wir oftmals Hilfsmittel. Und die dürfen dann gerne auch aus Papier sein.

Ellwanger: Was sind denn die konkreten Pflichten einer radiologischen oder nuklearmedizinischen Praxis beim Thema Qualitätsmanagement?

Grömminger: QM ist im Sozialgesetzbuch Fünf (SGB V), vor allem in § 135a und § 136 geregelt. Kurz gesagt müssen Vertragsärzte nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses ein QM-System führen. Und da werden beispielsweise Patienten- und Mitarbeiterorientierung gefordert und generelle Ziele wie die Qualitätsförderung der Patientenversorgung und die Verbesserung der Organisation beschrieben.

Explizit steht auch im Sozialgesetzbuch, dass QM eine Führungsaufgabe ist.

Ellwanger: Ganz in Ihrem Sinne, richtig?

Grömminger: Auf jeden Fall! Man fängt die Treppe von oben an zu kehren. Ich finde die QM-Richtlinie gut gelungen. Es ist immer die Frage, was daraus gemacht wird.

Aber zurück zur Frage, was konkret zu regeln ist. Es gibt nach der Richtlinie Instrumente, die anzuwenden sind. Und dazu zählt zum Beispiel die Regelung von Verantwortlichkeiten, Teambesprechungen, die Organisation von Schnittstellen in der Patientenversorgung, Schulung und Fortbildungen, Patienten- und Mitarbeiterbefragungen, Hygiene, Risikomanagement, Fehlermanagement usw.

Ellwanger: Risikomanagement, ein weiter Begriff. Hier könnte ich mir vorstellen, dass eine Praxis sich bei der Umsetzung des Themas schwer tut.

Grömminger: Das stimmt. In meinen Augen betreibt jeder in der Praxis, sofern er oder sie sich für den Laden einsetzt, Risikomanagement. Also beseitigt im Weg liegende Stolperfallen, beschäftigt einen IT-ler, der sich um eine Backup-Strategie kümmert oder macht große Warnschilder in die Umkleidekabinen, dass metallische Gegenstände abzulegen sind. Die Frage ist nur: Wird das Ganze strukturiert angegangen und ist es von außen nachvollziehbar.

Ellwanger: Und wie mache ich das strukturiert und nachvollziehbar?

Grömminger: Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten. Ich bevorzuge es, das Risikomanagement in die Teambesprechungen zu bringen, um es dort regelmäßig zu bearbeiten. Dann kann man die Risiken gemeinsam anhand einer Schablone bewerten, sich Maßnahmen überlegen und im Anschluss dann die Durchführung und Wirksamkeit der Maßnahmen überprüfen. Andere bestimmen hierfür eine verantwortliche Kraft im Team und wiederum andere führen in ihren Systemen einen virtuellen Patienten, auf den jeder von seinem Arbeitsplatz aus zugreifen und identifizierte Risiken sowie Lösungsvorschläge eintragen kann.

Ellwanger: Sie hatten eingangs noch von einer Fehlerkultur gesprochen. Was ist damit gemeint?

Grömminger: Die Fehlerkultur ist etwas sehr Entscheidendes im Qualitätsmanagement: Man möchte aus Fehlern lernen und vermeiden, dass Fehler oder negative Ereignisse sich wiederholen. Und hierbei ist elementar, wie man in einer Organisation mit Fehlern umgeht, vor allem die Reaktionen der Vorgesetzten. Hier ist der sachliche Umgang mit Fehlern der richtige Weg, der es demjenigen, der einen Fehler gemacht hat, erlaubt, alles transparent auf den Tisch zu legen. Hochemotionale Vorwürfe sind hier eher kontraproduktiv, leider aber gar nicht so selten.

Ellwanger: Zertifizieren lassen muss man sich als Praxis nicht. Viele unserer Netzpraxen scheuen den regelmäßigen Aufwand und das Geld. Was ist Ihre Meinung hierzu?

Grömminger: Mit der Zertifizierung halten es die Arztpraxen unterschiedlich. Manche machen es, andere nicht. Wenn man zertifiziert ist, kann man dies beispielsweise als Qualitätssiegel im Rahmen des Praxismarketings nutzen, z.B. auf der Webseite. Weiterhin kann es sein, dass Kooperationspartner Praxen dazu verpflichten, sich nach der ISO 9001 zertifizieren zu lassen, z.B. bei Organzentren ist das so. Vielleicht wird eine Zertifizierung auch mal Voraussetzung für eine bessere Vergütung, aber das halte ich momentan eher für unwahrscheinlich. Gutes QM braucht nicht zwangsläufig eine Zertifizierung und umgekehrt!

 

 

 

 

 

 

 

Ihr Ansprechpartner:

Daniel Ellwanger

dancuragita.com