Personalmanagement als ein Element der Praxisstrategie

Strategie und Tagesgeschäft liegen oft so weit auseinander, obwohl das eine aus dem anderen folgen sollte. Das Curagita- Beratungsteam kommt dann zum Einsatz, wenn eine konkrete Herausforderung ansteht. Das reicht vom Kooperations­vertrag bis zum Praxisverkauf. Auch Personalthemen sind seit einigen Jahren so virulent, dass sie im Fokus stehen. Grau ist alle Theorie. Daher arbeiten wir auf dem diesjährigen Radiologienetz-Tag erstmals in zufällig zusammengestellten interdisziplinären Teams gemeinsam an einer Fallstudie. Wer das verpasst hat, kann im konkreten Fallbeispiel unten ein Verständnis für die Bedeutung einer Personalstrategie gewinnen.


Der konkrete Fall: Kündigungswelle in einer radiologischen Praxis

Die Kündigung einer bewährten Kraft trifft eine radiologische Praxis hart. Kündigen zeitgleich drei erfahrene MTR, hat so manche Praxis ein ernstes Problem. Dieser reale Fall fand in einer Mitgliedspraxis statt, die dies nutzte, um ausführlich in die Thematik Personalmanagement einzusteigen. Mit externer Moderation stellten sich die Gesellschafter zunächst folgenden Fragen:

Analyse des konkreten Problems:

  • Wie ist das passiert? Was lief schief?
  • Warum haben die Gesellschafter nicht rechtzeitig bemerkt, dass diese drei Mitarbeiterinnen entsprechende Wechselgedanken hatten?
  • Wie kann der Ausfall von drei Vollzeit-MTR kurzfristig aufgefangen werden?
  • In welchen Bereichen können Lücken durch optimierte Prozesse geschlossen werden?

 

Überarbeitung der Personalstrategie der Praxis:

  • Wie kann sich die Praxis als Arbeitgeberin attraktiver aufstellen?
  • Welche Maßnahmen in Sachen Mitarbeiterbindung müssen unbedingt in Angriff genommen werden?

 

Während die Problemanalyse eventuell noch nach Praxisschluss im Rahmen eines Gesellschaftermeetings stattfinden kann, ist die Überarbeitung der Personalstrategie inzwischen aufgrund der allgemeinen Verknappung der Human-Ressourcen so zentral und weitreichend, dass dafür ein Strategie-Workshop (1/2 bis 1 Tag) reserviert werden sollte. Sinnvollerweise kann man das Gespräch vorbereiten, moderieren und nachbereiten lassen mittels externem Support. Es spart Zeit, Nerven und wird von allen Teilnehmern der Praxis eher angenommen. Zudem können Tipps und Best Practices aus anderen Praxen durch das Moderatorenteam in die Diskussion eingestreut werden.

So fand auch im geschilderten Fall ein vom Curagita-Team moderierter Workshop an einem Samstag statt, um einigermaßen entspannt und losgelöst vom Tagesgeschäft über Herausforderungen nachdenken und Lösungsansätze entwickeln zu können. Im Zentrum stand zunächst eine eingehende Situationsanalyse mit folgenden Fragestellungen:

Mitarbeiterbindung: Welche konkreten Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung sind in der Praxis bereits etabliert? Gibt es wichtige Bausteine, die fehlen? Welche sind das?

Recruiting: Welche Instrumente zum Recruiting von Mitarbeiter/innen wurden in der Vergangenheit mit welchem Erfolg eingesetzt, welche Maßnahmen wurden bislang noch nicht ergriffen?

Führung: Wer ist primärer Ansprechpartner für die Mitarbeiter/innen bei konkreten Anliegen und Problemen?

Mitarbeiterentwicklung: Finden regelmäßig strukturierte Mitarbeitergespräche statt, in denen nicht nur über Gehalt, sondern auch über Leistung und persönliche Entwicklungsperspektiven gesprochen wird?

Aufbau- und Ablauf-Organi­sation

  • Wer übernimmt welche Aufgaben im Rahmen der Geschäftsführung (Organigramm)?
  • Wie erfolgt der Informationsaustausch in der Geschäftsleitung?
  • Werden die Gesellschafter der Praxis durch eine/n Praxismanager/in unterstützt? Welche Kompetenzen hat diese/r (Assistenz vs. Führungskraft)?
  • Gibt es weitere nicht-ärztliche Führungskräfte (Teamleiter/innen)? Welche Aufgaben haben diese konkret und treffen diese sich regelmäßig, beispielsweise um sich über die konkrete Umsetzung von Gesellschafterbeschlüssen auszutauschen?


Die Antworten auf diese Fragen zeigten Lücken auf, die es zu füllen galt. Des Weiteren zeigte sich, dass Personalstrategie und Praxisstrategie gemeinsam gedacht werden müssen. Denn zu einem attraktiven Arbeit­geber gehören auch viele indirekt die Attraktivität des Arbeitsplatzes beeinflussende Faktoren wie die Größe einer Praxis und das geplante Wachstum, die Geräteausstattung und das Unter­suchungsspektrum, der Grad der Digitalisierung und damit die Effizienz der Prozesse.

Also alles auf einmal auf den Prüfstand stellen und in Angriff nehmen und dabei gleichzeitig das akute Problem – nämlich den MTR-­Mangel – lösen? Die Maßnahmen, die in Angriff genommen wurden, wurden zunächst auf den Personalbereich begrenzt und in Fristigkeiten eingeteilt:

  • Kurzfristig: Unterstützung der Praxis durch Remote Scanning (Fernsteuerung von MRT durch MTR)
  • Kurzfristig: Reichweitenoptimiertes Recruiting über Google for jobs. Dabei war die Information zentral, dass alle drei MTR zum selben Wettbewerber gewechselt sind. Weiterhin wurde angedacht, ggf. durch Auslandsrecruiting Abhilfe zu schaffen.
  • Kurz-/mittelfristig: Etablierung regelmäßiger Mitarbeitergespräche; Ergänzung/Optimierung der Mitarbeiterincentivierung (Benefits).
  • Mittel-/Langfristig: strategische Neuausrichtung der Praxis, ggf. Stärkung der Wettbewerbsposition durch Wachstum. Eine Option als Ergebnis des Strategieprozesses war die Aufnahme von Fusionsgesprächen mit einer nahegelegenen Praxis, zu der seit Jahren ein gutes kollegiales Verhältnis besteht. Reizvoll erschien diese Option auch vor dem Hintergrund, dass man einen der potenziell gemeinsamen Praxisstandorte zum Premiumstandort für Privatpatienten entwickeln könnte. Output aus dem Strategieworkshop war die Planung eines Treffens der Gesellschafter beider Praxen.
  • Mittel-/Langfristig: Gemeinsam wäre es auch kostensynergetischer, die Digitalisierung der Praxisprozesse voranzutreiben: Personaleinsatzplanung, Online-Terminvereinbarung, digitale Patientenaufklärung, alles Prozesse, die modern sind, das nicht-medizinische Team entlasten und damit das Personalproblem lösen helfen.

 

Wichtig im Übrigen auch: Nach dem Workshop ist vor dem Workshop. Die Gefahr, dass der Tatendrang und die Pläne sich im Alltag wieder verlieren, ist groß. Hier müssen ein Projektmanagement aufgesetzt und der Strategieprozess fortgeführt werden – sinnvollerweise auch extern unterstützt, da man dazu neigt, diese Aufgaben in Anbetracht des täglichen Drucks einfach immer wieder auf die lange Bank zu verschieben. Und damit zu begraben. Zurück auf null will sicher niemand.

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