Neue GOÄ kommt: wie kann sich eine Praxis wappnen?
Am 29. Mai 2025 hat der 129. Deutsche Ärztetag mit großer Mehrheit der Novelle der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zugestimmt. Der Entwurf, ausgehandelt zwischen Bundesärztekammer und privater Krankenversicherung (PKV), liegt nun beim Bundesgesundheitsministerium. Eine Umsetzung per Rechtsverordnung wird nach Einschätzung von Curagita vermutlich erst ab 2027 zu erwarten sein. Radiologische Praxen sehen sich damit einer wirtschaftlichen Neuordnung gegenüber. Der Beitrag skizziert Ansatzpunkte, wie sich Praxen strategisch und organisatorisch auf die neue GOÄ vorbereiten können, um auch künftig wirtschaftlich stabil zu agieren. Darüber hinaus ist es wichtig, auch weiterhin politisch für eine angemessene Vergütung aktiv zu sein.
Die Chancen, die Umsetzung der neuen GOÄ noch grundlegend zu verhindern, werden allgemein als gering eingeschätzt. Eine Verfassungsbeschwerde gegen mögliche Ungleichbehandlung ist ebenso wie Gegenlobbying nur mit eingeschränkter Wirkung zu erwarten. Umso wichtiger ist es, dass sich radiologische Praxen aktiv in die berufspolitische Arbeit einbringen. Diese Maßnahmen zielen auf eine längerfristige Positionierung der Radiologie in der politischen und ökonomischen Landschaft ab:
- Destatis-Expertenlobbying mit neuen statistischen Grundlagen zur Untermauerung wirtschaftlicher Argumente und zur Gegensteuerung der allgemeinen Falschdarstellung von Radiolog:innen als Bestverdienern.
- Berufspolitik vor Ort, etwa durch Gespräche mit Bundestagsabgeordneten in Mitgliedspraxen des Radiologienetz, die die Sicherung der wohnortnahen Versorgung mit innovativer Diagnostik in den Fokus stellen.
- Aktive Bündnisarbeit mit den Berufsverbänden DRG, BDR und anderen Verbünden wie RG20.
- Entwicklung innovativer Versorgungsmodelle, z.B. radiologisches Primärarzt-Konzept inklusive qualitätsinduzierter Zuweisung insbesondere vor dem Hintergrund der künftigen hausarztzentrierten Versorgung.
Für die wirtschaftliche Resilienz ist eine rechtzeitige und umfassende Vorbereitung der Führung bzw. des Managements jeder einzelnen Praxis essenziell. Dazu gehört in einem ersten Schritt eine Bestandsaufnahme. Durch die Simulation der künftigen GOÄ-Einnahmen können die individuellen Auswirkungen auf die Praxiskenngewinne der Zukunft transparent gemacht werden (siehe GOÄneu-Rechner auf pro.radiologie.de).
Viele Praxen kooperieren mit Krankenhäusern, in der Regel auf Grundlage der GOÄ. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, dass aktuelle Konditionen bzw. Formulierungen im Vertrag überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Die Erschließung extrabudgetärer Optionen wie Lungenkrebsscreening (LCS) oder Erhöhung der Teilnehmerinnen-Quote im Mammographie-Screening erhalten neue Relevanz für den wirtschaftlichen Praxiserfolg. Ebenso der Einsatz von KI in der Praxis, sei es zur Effizienz-, zur Qualitätssteigerung oder aus Marketinggründen.

Ansatzpunkte für Praxisunternehmer:innen
Für Radiolog:innen sieht Curagita im Wesentlichen die folgenden sechs strategischen Hebel, um der Reform auf unternehmerische Art und Weise zu begegnen:
1. Kostensenkung
Gemeint ist hiermit die konsequente Überprüfung sämtlicher Ausgaben- bzw. Kostenpositionen in der eigenen Praxis. Auch wenn die meisten Praxen im Radiologienetz in diesem Bereich schon gut aufgestellt sind, zeigt die Erfahrung des CuraConsult-Teams, dass sich hier und da noch Reserven erschließen lassen. Dies betrifft auch den Bereich der Personalkosten, der sich durch clevere Bonus-Modelle und eine optimierte Personaleinsatzplanung in vielen Fällen (zumindest mittelfristig) verbessern lässt. Auch lassen sich durch prozessoptimierende Maßnahmen an der ein oder anderen Stelle noch Ausgaben senken.
2. Internes Wachstum und Erlössteigerung
Neben der Reduzierung von Ausgaben spielen in der Radiologie vor allem Wachstumsoptionen und damit verbundene Umsatzsteigerungen eine große Rolle, wenn es darum geht, die Profitabilität der eigenen Praxis und damit deren Wert zu steigern. Erlössteigerungen sind z.B, über eine Erweiterung des Leistungsspektrums (KI, Cardio-Diagnostik, LCS, Prävention etc.) realisierbar, aber auch über erweiterte Kapazitäten (Geräte und Untersuchungszeiten), prozessoptimierende Maßnahmen sowie über gezielte Honoraroptimierung. Auch systematische Mehrfachbefundungen können wirtschaftlich attraktiv sein.
Auch beim Patienten- und Zuweisermarketing gibt es in der Regel noch Luft nach oben. Die Optimierung der gezielten Patientenansprache insbesondere durch digitales Marketing sowie die kontinuierliche Pflege der zentralen Zuweiser:innen mit Potenzial seien hier exemplarisch genannt.
3. Externes Wachstum
Wachstum kann aber auch durch Fusionen oder Übernahmen, neue Kooperationen mit Krankenhäusern oder durch die Gründung von Präventionsgesellschaften erzielt werden. In der Regel handelt es sich hier um strategische Projekte, die man nicht von heute auf morgen aus dem Ärmel schütteln kann. Umso mehr kommt es darauf an, hier schon frühzeitig die Weichen zu stellen, um sich auf Dauer wirtschaftlich gut bzw. besser zu positionieren.
4. Nachjustierung KH-Kooperationen
Bestehende Kooperationen mit Krankenhäusern sollten nicht nur vertraglich überprüft, sondern ggf. auch angepasst werden, um bestehende Erlöse abzusichern (siehe oben). Der Wechsel auf die neue GOÄ ist aktiv zu managen. Aber auch nicht-monetäre Konditionen wie Prozesse, Zuständigkeiten, Schnittstellen usw. bieten möglicherweise Ansätze für eine Optimierung innerhalb der Kooperationsvereinbarung. Nicht zuletzt sollten die korrespondierenden Mietverträge auf den Prüfstand gestellt werden.
5. Sicherstellung von HR-Ressourcen
Ein gutes Personalmanagement vom Recruiting bis zur Bindung ist zentral für den Praxiserfolg, insbesondere in Zeiten knapper HR-Ressourcen. Nur wenn qualifiziertes Personal in der angemessenen Menge zur Verfügung steht, lassen sich Öffnungszeiten in zeitgemäßem Umfang realisieren. Professionelle Employer-Branding-Maßnahmen, effektives Recruiting, gezielte und kreative Bindungsmaßnahmen sowie effiziente Einsatzmodelle für Personal wie Remote Scanning sichern langfristig den wirtschaftlichen Erfolg der Praxis.
6. Einbindung des Praxisteams
Die wertvollsten Ressourcen sind die menschlichen – auch in einer radiologischen Praxis. Die Bedeutung von Teamleadern und Praxismanagern hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Diese wollen „auf Augenhöhe“ angesprochen und eingebunden werden. Daher sind alle Maßnahmen transparent zu kommunizieren. Am Ende hängt der Erfolg zahlreicher Maßnahmen auch von der Zuversicht des gesamten (Führungs-)Teams ab.
Umsetzung strukturiert angehen
Last but not least sind die Maßnahmen zur Gegensteuerung der GOÄ-Reform allesamt eine „große Nummer“ und bedürften eines professionellen Projektmanagements. Die Grafik beschreibt einen systematischen Ansatz von der Bestandsaufnahme bis zum Ergebnismonitoring.

Fazit
Die neue GOÄ ist keine ferne dunkle Wolke am Horizont mehr, sondern alsbald Realität. Eine strategische Vorbereitung auf betrieblicher, organisatorischer und berufspolitischer Ebene entscheidet darüber, ob Radiologiepraxen in der neuen Honorarwelt bestehen oder ins Hintertreffen geraten. Wer jetzt handelt, kann auch künftig wirtschaftlich auf der sicheren Seite stehen. Möglichkeiten und Ansätze gibt es bei genauerem Hinsehen reichlich, auch wenn sie Zeit und Fachkenntnis erfordern. Die Beratungserfahrung der Curagita zeigt zudem, dass oftmals nicht nur die Frage relevant ist, was die Umsetzung einer Maßnahme kostet, sondern immer auch gesehen werden muss, was es (langfristig) kostet, wenn bestimmte Maßnahmen nicht ergriffen werden. Diesem Umstand wird oftmals nicht genügend Bedeutung beigemessen.
Ausgerüstet mit betriebswirtschaftlichem Know How und weitreichender Beratungs- sowie operativer Managementerfahrung im radiologischen Praxisalltag steht das Curagita-Team für effizientes und zukunftsorientiertes Praxismanagement in der niedergelassenen Radiologie.
CurAcademy: Meet the Expert GOÄneu Spezial
Teilnahmequote im Mammographie-Screening optimieren am 24. Juli. Dieser Workshop fand bereits statt, melden Sie sich bei Interesse gerne beim Netzmanagement. Wir stellen Ihnen die Präsentation zur Verfügung.
Honoraroptimierung am 18. September, 18-19 Uhr
Update Lungenkrebsscreening am 30. September, 17-18 Uhr
Gegensteuerungsmaßnahmen am 8. Oktober, 17-18 Uhr
Anmeldungen über pro.radiologie.de


