Kündigung wegen Krankheit
Ist ein Arbeitnehmer häufig erkrankt, kann das den Betriebsablauf erheblich stören und den Arbeitgeber finanziell stark belasten. Dann stellt sich die Frage: Wann kommt eine krankheitsbedingte Kündigung in Betracht?
Eine krankheitsbedingte Kündigung wird ausgesprochen, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund seiner gesundheitlichen Situation seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr (voll) erbringen kann. Kündigungsgrund ist nicht die Krankheit selbst, sondern ihre künftigen negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Betrieb. Es werden drei Untertypen der krankheitsbedingten Kündigung unterschieden: die Kündigung wegen langanhaltender Krankheit, wegen häufiger Kurzerkrankungen und wegen krankheitsbedingter Leistungsminderung. Geprüft wird die Wirksamkeit aller krankheitsbedingten Kündigungen in jeweils drei Stufen:
1. Stufe: Negative Gesundheitsprognose
Es müssen objektive Tatsachen vorliegen, die befürchten lassen, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten (d.h. mindestens sechs Wochen pro Jahr) haben wird. Referenzzeitraum für diese Prognose sind in der Regel die Fehlzeiten der letzten drei Jahre.
2. Stufe: Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen
Die prognostizierten Fehlzeiten müssen den betrieblichen Ablauf erheblich stören oder zu signifikanten wirtschaftlichen Belastungen führen (Störung des Arbeitsablaufs, Lohnfortzahlungskosten, nicht beschaffbares Ersatzpersonal).
3. Stufe: Interessenabwägung
Abschließend wird geprüft, ob die Beeinträchtigung für den Arbeitgeber angesichts der Interessen des Arbeitnehmers noch hinnehmbar ist. Hier sind Kriterien wie Betriebszugehörigkeit, Alter, Familienstand, Unterhaltspflichten und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu würdigen.
Die drei Grundtypen der krankheitsbedingten Kündigung:
1. Kündigung wegen langanhaltender Krankheit
Diese Form der Kündigung ist zulässig, wenn die Arbeitsunfähigkeit zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs andauert und eine negative Prognose hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer der Erkrankung vorliegt. Nach einer Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz (Az. 8 SA 240/20) kann von einer Dauererkrankung ausgegangen werden, wenn der Arbeitnehmer eineinhalb Jahre arbeitsunfähig erkrankt ist und ein Ende der Erkrankung nicht absehbar ist.
2. Häufige Kurzerkrankungen
Für eine Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen sind erhebliche Fehlzeiten in der Vergangenheit erforderlich, die auf eine negative Gesundheitsprognose für die Zukunft schließen lassen. In der Praxis dürfte in der Regel bei Ausfallzeiten mit 20 bis 25 % im Jahr von erheblichen Fehlzeiten auszugehen sein. Unfälle oder einmalige Ereignisse wie Operationen oder Knochenbrüche sind nicht einzubeziehen.
3. Krankheitsbedingte Leistungsminderung
Bei einer krankheitsbedingten Leistungsminderung ist der Arbeitnehmer nicht in der Lage, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung in vollem Umfang zu erbringen. Die Leistungsfähigkeit muss auf etwa ein Viertel der Normalleistung reduziert sein und den Betriebsablauf hierdurch erheblich beeinträchtigen. Eine Kündigung wegen Leistungsminderung kommt nur in Betracht, wenn eine Weiterbeschäftigung auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz nicht möglich ist.
Wer trägt die Darlegungs- und Beweislast?
Der Arbeitgeber. Er muss die Tatsachen darlegen, aus denen sich die negative Gesundheitsprognose sowie die erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen ergeben. Bei häufigen Kurzerkrankungen muss der Arbeitgeber zudem objektive Anhaltspunkte vortragen können, die eine Wiederholung der Erkrankungen erwarten lassen. Der Arbeitnehmer kann die Prognose widerlegen, indem er beispielsweise ärztliche Atteste vorlegt, die eine Verbesserung seines Gesundheitszustands bescheinigen.
Was ist ein Betriebliches Eingliederungsmanagement?
Sind Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, ist ein sogenanntes Betriebliches Eingliederungsmanagement (kurz: BEM) durchzuführen – unabhängig davon, ob eine Kündigung ausgesprochen werden soll. Ziel des BEM ist es, durch geeignete Maßnahmen die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers zu überwinden, weiteren Krankheitsphasen vorzubeugen, nach alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen zu suchen und den Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer somit zu erhalten. Im besten Fall kann ein ordnungsgemäß durchgeführtes BEM eine Kündigung verhindern. Ist ein BEM nicht erfolgreich, wurde zumindest sichergestellt, dass alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung einer Kündigung geprüft wurden und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Kündigung gewahrt wird. Ohne Durchführung des BEM ist eine krankheitsbedingte Kündigung in der Regel unwirksam, es sei denn, der Arbeitnehmer verweigert seine Mitwirkung.
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