Exklusive Kontrastmittel-Ausschreibungen auf der Kippe:
Grundsatz-Urteil des BSG stärkt Therapiefreiheit!

Als einer der Hauptkläger neben Bayer Vital hat Curagita vor dem Bundessozialgericht (BSG) am 21. September in Kassel erfolgreich die radiologische Verordnungsfreiheit verteidigt und die wirkstoffübergreifende KM-Ausschreibungspraxis bundesweit in Frage gestellt. 

Fazit: Die Kassen müssen den klagenden Unternehmen die Lieferung von nicht bezuschlagten Kontrastmitteln erstatten (hier: Gadovist). Das Urteil dürfte damit auch richtungsweisend für von Regressen betroffene Ärzte sein.

Das BSG hat sich den bisherigen Urteilen der Sozial- und Landessozialgerichte seit 2018 zugunsten der Kläger angeschlossen: Die finale Revision der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland blieb erfolglos und das Urteil ist damit rechtskräftig. Das Gericht hat grundsätzlich festgestellt, dass die Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch die Sprechstundenbedarfsvereinbarungen in Verbindung mit den vertragsärztlichen Verordnungen von Kontrastmitteln sind. Dabei dürfen die Kassen andere Lieferanten und deren Produkte jedoch nicht durch Exklusivverträge mit anderen Lieferanten ausschließen. Zudem haben die Kassen keine „normative Grundlage“ für solche exklusiven Ausschreibungen. Die Lieferung von nicht bezuschlagten Kontrastmitteln ist mithin möglich und entsprechend zu vergüten! 

Die Verordnung von nicht bezuschlagten Kontrastmitteln durch Vertragsärzte war nicht unmittelbar Gegenstand des Verfahrens. Insofern führt das BSG dazu aus: „Der Senat kann offen lassen, ob und gegebenenfalls welche Folgen es für Vertragsärzte haben kann, wenn diese als Sprechstundenbedarf Kontrastmittel verordnen, ohne dabei von Krankenkassen geschlossene Rahmenverträge über Kontrastmittellieferungen zu beachten, über die sie als wirtschaftlichen Bezugsweg informiert worden sind, und wenn Krankenkassen, anders als vorliegend, die Kontrastmittellieferungen gegenüber dem nicht bezuschlagten Lieferanten vergüten. Dies kann nur Gegenstand einer nachgelagerten vertragsarztrechtlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung sein, der indes keine rechtlichen Vorwirkungen mit Blick auf die Lieferberechtigung und den Vergütungsanspruch nicht bezuschlagter Lieferanten zuzukommen vermögen.“

Aufgrund der Eindeutigkeit des Urteils und der fehlenden Rechtsgrundlagefür Exklusivverträge ist jedoch fraglich, ob die Kassen ihre Regressansprüche aufrechterhalten können. Die AOK Nordrhein etwa hat im Hinblick auf die Entscheidung des BSG schon letztes Jahr alle diesbezüglichen Wirtschaftlichkeitsprüfungen ruhend gestellt. Des Weiteren ist zu vermuten, dass das wirkstoffübergreifende Ausschreibungssystem insgesamt auf der Kippe steht. 

In jedem Fall stärkt dieses - explizit bundesweit - gültige Grundsatzurteil des BSG die Position der Radiologinnen und Radiologen, die sich in laufenden Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung befinden. Diese werden vom Verbundeinkauf mit spezialisierten Anwälten bei der Durchsetzung ihrer ärztlichen Verordnungsfreiheit selbstverständlich weiterhin unterstützt. 

 

Details siehe: https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Terminberichte/2023/2023_36_Terminbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=2

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