Ein Update zur Telematikinfrastruktur

Die Telematikinfrastruktur (TI) ist das digitale Gesundheitsnetz für Deutschland. Bis Ende 2021 sollen alle Akteure des Gesundheitswesens darin vernetzt sein. Doch für einige Praxen weist diese Infrastruktur noch immer Lücken bezüglich der Auslieferung und Installation der notwendigen Soft- und Hardware auf. Wie ist der derzeitige Stand? Welche Anwendungen müssen zu welchen Zeitpunkten umgesetzt sein? Was ist für radiologische Praxen zu beachten? Und welche Probleme gibt es noch immer?

Das Versichertendatenmanagement (VSDM)

Das VSDM war der erste Schritt und das Pilotprojekt der TI. Es wurde im Sommer 2017 eingeführt, gemeinsam mit der Anbindung aller medizinischer Einrichtungen an die TI. Die auf den Versichertenkarten gespeicherten Daten werden nun beim Einlesen in der medizinischen Einrichtung über die TI an das Rechenzentrum der Krankenkasse übermittelt und dort mit den vorliegenden Informationen abgeglichen.

Zunächst sollten Praxen Ende 2018 komplett angebunden sein, die Frist wurde dann bis zum 30.06.2019 verlängert, da IT-Lieferanten Lieferschwierigkeiten hatten. Um den Prozess zu beschleunigen, wurde die Einführungsfrist mit Sanktionsdrohungen verbunden. Seit März 2020 gilt eine Honorarkürzung von 2,5%, sollte eine Praxis noch nicht an das System angeschlossen sein. Die Kosten für die IT-Ausstattung und den TI-Betrieb werden nach festgelegten Pauschalen erstattet.

Die elektronische Patientenakte (ePA)

Seit Beginn des Jahres muss die elektronische Patientenakte (ePA) laut Gesetzgeber für alle Versicherten der privaten und gesetzlichen Kassen verfügbar sein. Die technischen und organisatorischen Ausstattungen dazu sollen bei den Praxen seit dem 1. Juli 2021 vorhanden sein. Seitdem droht sonst eine Kürzung der Vergütung aus vertragsärztlicher Tätigkeit um 1%, wenn die technischen Komponenten nicht vor dem 1. Juli verbindlich bestellt wurden. Sollte das Honorar aufgrund der Nicht-Anbindung an die TI und bei entsprechend fehlenden VSDM-Nachweisen bereits um 2,5% gekürzt worden sein, gibt es keine zusätzlichen Sanktionen für die ePA.

Um die ePA im vollen Umfang nutzen zu können, benötigt die Praxis einen E-Health-Konnektor, einen eHBA 2.0 und ein Modul für ihr PVS oder eine Software eines Drittanbieters. Die Datenübermittlung an die elektronische Patientenakte geschieht ausschließlich auf Wunsch des Patienten und ist nur mit dessen Gesundheitskarte oder mittels Zwei-Faktor-Authentisierung per Smartphone (alternative Versichertenidentität) möglich. Zusätzlich wird ein eHBA zur Freischaltung benötigt. Lesen Sie auch den Beitrag des Schütze-Verlags.

Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)

Seit dem 1. Januar 2021 ist laut dem Terminservice- und Vorsorgegesetz (TSVG) die elektronische Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) für Ärzte verpflichtend. Jedoch wurde der Start für die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) auf den 1. Oktober 2021 verschoben. Diese soll im Praxisverwaltungssystem des jeweiligen Vertragsarztes digital erstellt und an die betreffende Krankenkasse gesendet werden. Darüber hinaus sind Ärzte verpflichtet, dem Patienten die Bescheinigung als Ausdruck oder digital über die ePA (voraussichtlich ab 2022) zur Verfügung zu stellen. Auch wenn dies für radiologische Praxen nicht relevant zu sein scheint, sind sie nicht explizit ausgeschlossen und sollten diese Pflicht zukünftig bedenken.

Die Kommunikation im Medizinwesen (KIM)

Für einen sicheren E-Mail- und Datenaustausch von sensiblen Informationen wurde die moderne Kommunikation im Medizinwesen (KIM) eingeführt. Diese verbindet alle Nutzer im Gesundheitswesen auf digitalem Wege. Spätestens seit dem 1. Oktober 2021 gilt der Dienst verpflichtend für alle Ärzte und kann bei vielen Anbietern in das bestehende Praxisverwaltungssystem integriert werden. Für die Nutzung werden entweder der Praxisausweis (SMC-B) oder ein elektronischer Heilberufsausweis (eHBA) sowie ein Kartenlesegerät benötigt. Zusätzlich ist in den meisten Fällen ein Konnektor-Update nötig, welches den Konnektor zu einem E-Health-Konnektor macht. Des Weiteren müssen sich Praxen bei einem von der gematik zugelassenen KIM-Anbieter eine KIM-Adresse und das KIM-Client-Modul zur Verfügung stellen lassen.

KIM funktioniert wie ein E-Mail-Programm mit dem entscheidenden Unterschied, dass die Nachrichten und Dokumente vor dem Versand verschlüsselt und erst bei ihrem Empfänger wieder entschlüsselt werden. Zukünftig soll KIM immer weiter ausgebaut werden und den Teilnehmern immer mehr Funktionen zur Verfügung stellen. Der eArztbrief und die eAU sind somit die ersten Erweiterungen des KIM-Dienstes.

Das eRezept

Die Grundlage hierfür wurde im „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“ (GSAV) gelegt, wonach die gematik bis Mitte 2020 alle Voraussetzungen in Form von Spezifikationen und Zulassungsverfahren dafür schaffen sollte. Nach regionalen Feldtests wird ab Januar 2022 die Nutzung des eRezepts für alle Praxen verbindlich sein. Für die niedergelassene Radiologie wird dies frühestens ab 2023 erwartet, da sie in die Kategorie „Sonstige Leistungserbringer“ fällt, welche nach Paragraph 300 abgerechnet wird. Gleiches ist für Abrechnungen nach Paragraph 302 anzunehmen. 

Kritik an den Fristen und der Politik zur Einführung

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) kommentiert am 30. Juli 2021, dass die Fristen für die Praxen zu eng gesetzt sind, um diese termingerecht und unter Anbetracht der finanziellen Mehraufwendungen umzusetzen. Darüber hinaus gibt es, wie eingangs erwähnt, bei einigen Praxen noch große Mängel an der notwendigen Hard- und Software, worauf die Ärzte selbst zuweilen keinen Einfluss haben. KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel kommentiert: „Wir haben stets davor gewarnt, dass die vom Gesetzgeber aufgestellten zeitlichen Umsetzungsvorgaben zu knapp ausgefallen sind.“ Darüber hinaus besteht die Sorge, ob „die technischen Lösungen zum Start im Oktober schon ausgereift sein werden“, wenn die eAU verpflichtend genutzt werden soll. Viele Praxen sind aufgrund der Corona-Pandemie und Impfkampagne zudem belastet, weshalb die Fristen in Anbetracht dessen ebenfalls zu eng gesetzt wurden. Der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Stephan Hofmeister fordert daher: „Wenn es Mängel geben sollte, die die praktische Umsetzung in den Praxen massiv behindern und worauf diese keinen Einfluss haben, muss klar sein, dass es keine Sanktionen für die Kolleginnen und Kollegen geben darf.“


Lesen Sie dazu auch den Beitrag des Leo Schütze Verlags: Bestandsaufnahme zur Digitalisierung im Gesundheitswesen

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