Ausfallpauschale für versäumte Arzttermine?
Arztpraxen beklagen, dass immer mehr Patient:innen ihre Termine nicht wahrnehmen oder absagen. Bei aktuell geschätzten 10 bis 20% Ausfällen entstehen spürbare finanzielle Einbußen und unnötige Wartezeiten für andere Patient:innen. Die Ärzteschaft würde daher gerne eine Strafgebühr einführen, um die Patient:innen für versäumte Termine zur Verantwortung zu ziehen.
In einem Interview mit dem Tagesspiegel äußerte Andreas Gassen, Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), dass eine Strafgebühr von 100 Euro für versäumte Arzttermine sinnvoll sei, um „eine gewisse Sensibilität“ bei den Patienten zu erzeugen. Es sei „unverständlich“, dass Patienten in anderen Bereichen – etwa bei Reisen oder im Restaurant – für versäumte Termine bezahlen müssen, während im Gesundheitswesen oft keine Konsequenzen zu befürchten seien.
Zustimmend weist die Ärzteschaft auf die zunehmende Belastung durch Terminabsagen hin und betont die Notwendigkeit einer „Ausfallhonorarpraxis“. Wirtschaftliche Schäden müssten vermieden werden, um den Versorgungsauftrag erfüllen zu können. Gleichzeitig würde eine solche Maßnahme den Patienten signalisieren, dass hinter dem vereinbarten Termin ein Wert steht. Auch Uwe Kraffel, Vorstand des Deutschen Facharztverbands, beklagt eine mangelnde Verlässlichkeit unter Patienten im Tagesspiegel. Auf der anderen Seite – die Gegenstimmen. Kritiker befürchten, dass insbesondere sozial benachteiligte Patient:innen oder ältere Menschen, die Schwierigkeiten haben, Termine abzusagen, durch die Einführung einer Strafgebühr benachteiligt werden könnten.
Rein rechtlich gibt es derzeit keine einheitliche Regelung für die Erhebung von Strafgebühren. Karl Lauterbach, äußerte Bedenken bezüglich der praktischen Umsetzung solcher Gebühren. Er befürchtet eine mögliche „Fehlsteuerung“ der Strafgebühren-Pauschale und fordert stattdessen Lösungen, die sowohl die Rechte der Patient:innen als auch die wirtschaftlichen Interessen der Praxen berücksichtigen. Dass diese zügig gefunden werden sollten, ergibt sich auch aus der in den letzten Monaten hochgekochten Diskussion um die Diskriminierung gesetzlich versicherter Patient:innen bei der Terminvergabe gegenüber privat Versicherten.
In radiologischen Praxen ist das Thema „No show“ schon lange in Bearbeitung. Viele Praxen helfen sich mit der Überbuchung von Terminen in besonders betroffenen Zeitfenstern. Weiterhin wurden lange Jahre seitens einiger Netzpraxen MRT-Patient:innen vorsorglich angerufen, um den Termin zu bestätigen. Diese Funktion übernehmen inzwischen automatisierte SMS-Reminder von Online-Terminierungstools. Ob sie genauso gut funktionieren wie ein persönlicher Anruf, ist der Redaktion nicht bekannt. Auch eine Inrechnungstellung von Honorar für die Nicht-Wahrnehmung teurer MRT-Termine wurde schon diskutiert. Am Ende aber meist aus PR- und Wettbewerbsgründen verworfen.
Quellen:
Ärzteblatt: Streit um Strafgebühr für versäumte Arzttermine
Tagesspiegel: Patienten mit Ausfallhonorar sensibilisieren
Tagesschau: Streit um Arzttermin-Ausfallgebühren