Starke Stimme für die Zukunft der radiologischen Versorgung

Wer sich nicht regt, wird übersehen. Das gilt für Bäcker genauso wie für Radiologen. Anlässlich der Stromkostenexplosion Ende letzten Jahres richteten die Bäcker geschickt und eindrücklich den Blick auf ihre schwierige wirtschaftliche Situation. Die eher leiseren Stimmen der Radiologen als kleinste Mediziner-Fachgruppe werden in der Politik nicht immer gehört. Dabei summieren sich die Mehrkosten für Strom einer durchschnittlichen Praxis auf knapp 90.000 Euro pro Jahr. Es geht um nicht weniger als die künftige Patientenversorgung mit radiologischer Diagnostik. Anlass genug für Radiologen aus dem Radiologienetz, sich an ihre regionalen politischen Entscheidungsträger zu wenden.

Den Anfang machte Dr. Johannes Mattern aus der Radiologischen Gemeinschaftspraxis in der Atos-Klinik, der am 7. Juni das Gespräch mit dem MdL Norbert Knopf (Die Grünen) aus dem Gesundheitsausschuss des Landtags suchte. Am 17. Juli folgte der CSU-Politiker und Mitglied des Bundestags Alexander Radwan ( Wahlkreis Bad-Tölz und Miesbach) einer Einladung der Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis für Radiologie und Nuklearmedizin in Bad Tölz. Ausführlich diskutierten die Radiologen Dr. Frank Rosa und Dr. Stefan Höpfner die Kernaussagen aus einem vorab im Kreise der Radiologen im Radiologienetz abgestimmten Positionspapier. Dort werden der Beitrag der ambulanten Radiologie gewürdigt, ausgeführt, was aus Sicht der niedergelassenen Radiologen im Argen liegt und daraus Forderungen an die Politik formuliert. Eindringlich formulieren dies auch die Radiologen Jürgen Witt aus Franken-Hohenlohe und Dr. Klaus Mott aus Lahr in einem aktuellen Podcast der Ärztezeitung.

 

Hier ein Auszug aus der Argumentation: Die (ambulante) Radiologie sichert Hochleistung im Dienst der modernen Medizin und der Patientenversorgung mit MRT, CT, Röntgen und Co. Die rund 900 radiologischen Praxen in Deutschland sind in der Regel kleine Unternehmen mit einem teuren High-Med Gerätepark. Viele kooperieren mit Krankenhäusern und versorgen auch stationäre Patienten. Zunehmender Kostendruck bei rückläufiger Vergütung schreckt Praxisnachfolger ab und verstärkt Verkäufe an Private Equity finanzierte MVZ-Betreiber. Es besteht die Gefahr der Ausdünnung der radiologischen ambulanten Versorgung mit noch längeren Wartezeiten für Patienten. Daher fordern die radiologischen Praxen aus dem Radiologienetz von der Politik vor allem mehr Planungssicherheit bei Einnahmen und Ausgaben und weniger bürokratische Hürden für die Zukunftssicherung einer innovativen und zuverlässigen ambulanten Radiologie.

Mit dem Baden-Württembergischen Landtagsabgeordneten Norbert Knopf saß ein interessierter und informierter Gesprächspartner in Heidelberg mit am Tisch, der durchaus offen für die Sorgen der Radiologen war. In der Gesundheitspolitik sah er allgemein strategischen Verbesserungsbedarf und wünschte sich mehr Ressourcen sowie das Adaptieren von Erfolgsmodellen anderer Länder, etwa bei der Akademisierung der Gesundheitsberufe, der Substitution von Tätigkeiten an medizinisches Fachpersonal oder bei der digitalen Transformation. Knopf sprach sich außerdem für die Freigabe teleradiologischer Leistungen aus und regte Modellprojekte in Zusammenarbeit mit dem Land Baden-Württemberg an. 

Alexander Radwan (CSU) aus Bad Tölz zeigte sich besonders am omnipräsenten Thema Fachkräftemangel interessiert. Die Radiologen schilderten die direkten Auswirkungen auf die Patienten-Versorgung vor allem in den Tagesrandzeiten und bei der Abdeckung der CT-Nachtdienste für das Krankenhaus. Eine der Forderungen des Positionspapiers ist die Anerkennung erfahrener medizinischer Fachangestellter (MFA) mit entsprechendem MRT-Schein als Äquivalenz zum/r Medizinischen Technologen/in für Radiologie (MTR). Damit wäre der Personalschlüssel für die radiologischen Praxen auf einen Schlag günstiger gestellt.

Auch die schwindende Lust auf Unternehmertum unter jüngeren Radiologen war ein Thema des Gesprächs. Dr. Rosa und Dr. Höpfner schilderten, dass es immer schwieriger wird, niederlassungsbereite Fachkollegen zu finden. Die Situation werde durch die Zunahme von Investoren in der ambulanten Radiologie erschwert. Die Radiologen versuchten auch, mit dem großen Missverständnis des Radiologen als „Bestverdiener“ aufzuräumen. Zwar stehen in der Ergebnis-Statistik des Deutschen Statistischen Bundesamts (DeStatis) radiologische Praxen auf Platz 1. Dies liegt jedoch vor allem an der unzureichenden Erfassung der Anschaffungs- und Betriebskosten für Praxen und Geräte. Außerdem werden seit 2019 die Einnahmen pro Praxis und nicht pro Arzt ausgewiesen, was wiederum zu Verzerrungen führt, da die meisten radiologischen Praxen große Gemeinschaftspraxen mit mehreren Partnern und weiteren angestellten Ärzten sind (Radiologienetz-Mitgliedspraxen: durchschnittlich 3,5 Partner pro Praxis bei durchschnittlich zwei Praxisstandorten). Werden diese Aspekte methodisch ausreichend berücksichtigt, rangiert ein Radiologe einkommenstechnisch im Mittelfeld.

Am Rande war auch die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ein Thema, deren Reform seit vielen Jahren ansteht. Aktuell mehren sich Informationen, die eine Abwertung der technischen Fächer in der Medizin befürchten lassen. Das wäre für viele ambulante Radiologien wirtschaftlich fatal. Insgesamt gelang es in den Gesprächen, die Anliegen der Radiologen und die die aktuelle Praxissituation einem Landtags-/Bundestagsmitglied in ihrer Region ungefiltert zu schildern und die Herausforderungen der ambulanten Radiologie zu skizzieren. Radiologie spielt heute eine zentrale Rolle in der medizinischen Versorgung. Damit diese Versorgung und auch die Innovationsfähigkeit gesichert sind, brauchen Radiologen eine angemessene Vergütung und stabile Planungsgrundlagen. 


Im Herbst stehen weitere Termine mit Politikern in Lahr und Mannheim an. Des Weiteren gaben Ende Juli mit Dr. Klaus Mott und Jürgen Witt gleich zwei radiologische Fachbeiräte aus dem Radiologienetz ihren Input für einen Podcast der Ärztezeitung zu diesem Thema. Auf die Frage des Chefredakteurs Hauke Gerlof, warum das Radiologienetz ein eigenständiges Lobbying macht, antworteten sie einhellig, das viele Stimmen viel helfen und man nur gemeinsam mit dem Berufsverband und dem Fachverband etwas bewegen kann und möchte. Der Podcast kann unteranderem hier nachgehört werden.

Noch im Juli hat im Übrigen der Geschäftsführer der Deutsche Gesellschaft für Radiologie, Dr. Stefan Lohwasser, Radiologienetz-Vertreter zu einem Gespräch über aktuelle berufspolitische Themen eingeladen. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

Weitere Informationen

Bei Interesse an einer Teilnahme am Verbundprojekt melden Sie sich gerne beim Netzmanagement. Kontaktieren Sie dazu bitte Eva Jugel, ejucuragita.com.

Download des Positionspapier zur Berufspolitik in der Region (PDF)

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