Prof. Dr. Karl Lauterbach im „PraxisCheck“ der KBV
Gesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach stellte sich Anfang März nach 100 Tagen im Amt den Fragen der niedergelassenen Fachärzte. Diese konnten im Vorfeld der Veranstaltung „Im PraxisCheck“ eingereicht werden und wurden von den drei KBV-Vorständen an den Bundesgesundheitsminister gestellt. Hier haben wir die wichtigsten Aussagen von Lauterbach zusammengefasst:
1. Prioritäten: Ukraine, Pandemie, Umsetzung Koalitionsvertrag
Prof. Lauterbach machte zu Beginn klar, wie wichtig ihm eine praxis- und zeitnahe Umsetzung des Koalitionsvertrags sei. Alles, was dort drin steht, sei sorgfältig verhandelt und abgestimmt und müsse durch ihn und sein Ministerium mit Prio 1 angegangen werden. Er stellte dann aber vor diese Prio 1 zwei weitere aktuelle Prioritäten: Es gelte, die Ukraine-Krise medizinisch bzw. ärztlich zu bewältigen und weiterhin die Pandemie im Griff zu halten.

2. Erstmal keine neue Gebührenordnung für Ärzte
Hier verwies Prof. Lauterbach darauf, dass er zunächst den Koalitionsvertrag umsetzen müsse, der dazu nichts enthalte, und erteilte einer GOÄ-Aktualisierung in dieser Legislaturperiode dadurch eine klare Absage.
3. Kritische Haltung des Bundesgesundheitsministers zu Investorenbetriebenen MVZ
Private Equity-finanzierte MVZ-Strukturen würden sich in ganze Facharzt-Schienen einkaufen und diese kommerzialisieren. Dies sei hochproblematisch, weswegen man sich trotz fehlender Aussagen im Koalitionsvertrag noch in dieser Legislaturperiode genauer damit beschäftigen müsse.
4. Personalknappheit in der Gesundheitsbranche durch Effizienzsteigerung begegnen
Der Gesundheitsminister zeigte sich offen für „kluge Lösungen“ bzgl. Substitution und Delegation im ärztlichen und im nicht-ärztlichen Bereich. Er habe die maximalen Möglichkeiten der Substitution in den USA erlebt und sein Credo sei, Expertise auf möglichst viele Schultern zu verteilen und jede Möglichkeit zu nutzen, effizienter zu werden. Dem Praxissterben und medizinischen Versorgungsengpässen möchte er künftig durch mehr Medizin-Studienplätze (mind. 5.000 p.a.), der Beteiligung der Politik an der Bedarfsplanung, der Erweiterung der KV-Freiräume („mehr Beinfreiheit“) und einer Entbürokratisierung in allen Bereichen begegnen. Er ergänzte, dass die Weiterbildung im ambulanten Sektor künftig eine zunehmenden Bedeutung hätte.
5. Telematik-Infrastruktur soll Ärzte zeitlich entlasten, nicht belasten
Das erklärte Ziel der TI, so Lauterbach, sei es, die „Netto“-Arbeitszeit der Ärzte und des Personals zu steigern. Das sei die Arbeitszeit für die eigentliche medizinische Leistung. Aktuell sei das bei der Einführung von TI Anwendungen noch nicht der Fall. Daher habe er, um die Praxen zu entlasten, die TI-Anwendungen eAU und eRezept vorläufig gestoppt.

6. Faire Vergütung bei sektorenübergreifender Versorgung
Lauterbach stellte fest, dass ihm für die im Koalitionsvertrag festgehaltene Förderung der sektorenübergreifenden Versorgung eine faire Vergütung beider Seiten wichtig sei. Diese beinhalte laut Vertrag den Einsatz einer sog. Hybrid-DRG, einer Mischkalkulation aus DRG und EBM, und solle zügig umgesetzt werden.
7. Wahrscheinlich kein Corona-Bonus für MFA in Praxen
Wenngleich er die Belastung der Arztpraxen in der Pandemie sähe, könne er die Entscheidung über eine Ausweitung des Coronabonus auf den ambulanten Bereich nicht treffen. Dies obliege dem Bundesfinanzministerium.
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