Praxisgemeinschaften: Gegenseitige Vertretung nur in Ausnahmefällen erlaubt

In einer Gemeinschaftspraxis betreuen mehrere Ärzte gemeinsam denselben Patientenstamm und führen eine einzige Kartei. Sie können gegenseitig die Urlaubsvertretung übernehmen oder kurzfristig füreinander einspringen. Die Leistungen einer Gemeinschaftspraxis werden gemeinsam abgerechnet; Kasse oder Patient erhalten nur eine einzige Rechnung, auch wenn die Behandlung durch mehrere Ärzte erfolgt ist.

In Praxisgemeinschaften dagegen teilen sich mehrere Ärzte die Räumlichkeiten, die Geräte und das Personal. Es führt aber jeder seine eigene Praxis, mit eigener Patientenkartei und eigener Abrechnung. Wird ein Patient von mehreren Ärzten in derselben Praxisgemeinschaft behandelt, dann erhält er mehrere Rechnungen. In dieser Art von Praxiskooperation muss jeder Arzt über eine eigene Telefonnummer und e-Mailadresse zu erreichen sein. Die Patienten müssen jederzeit wissen, mit welchem Arzt sie es zu tun haben – so als gingen sie in räumlich getrennte Praxen.

Wichtig: Wenn sich mindestens zwei zugelassene Ärztinnen oder Ärzte organisatorisch zusammenschließen und dabei rechtlich voneinander unabhängig bleiben, liegt eine Praxisgemeinschaft vor. Eine solche ist in erster Linie eine Kostengemeinschaft, da sich durch die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen, medizinischen Geräten und medizinischem Fachpersonal Synergieeffekte ergeben. Ansonsten bleiben die Praxen jedoch selbständig und treten unabhängig voneinander auf, insbesondere durch einen getrennten Patientenstamm und eine getrennte Abrechnung bei der Kassenärztlichen Vereinigung.

In einer Praxisgemeinschaft sollten Ärzte auf die strikte Trennung ihrer Patienten achten und sich nur in Ausnahmefällen gegenseitig vertreten. Wird diese Regel missachtet, drohen hohe Honorarrückforderungen durch die KV. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat in einem rechtskräftigen Urteil vom 9. Juni 2021 (Az.: L 7 KA 13/19) entschieden, dass die Kassenärztliche Vereinigung (KV) bei einer Praxisgemeinschaft das Honorar eines einzelnen Arztes schon bei einer Patientenidentität von unter 20 Prozent kürzen darf. Voraussetzung ist, dass zuvor bei Stichprobenprüfungen in der Praxisgemeinschaft schon einmal eine Patientenidentität von mehr als 20 Prozent festgestellt wurde.


Dieser Artikel stammt vom Leo Schütze Verlag, Herausgeber des "Schütze-Briefs". Curagita übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit dieser Informationen