Pflichtwidrige Verweigerung der kassenärztlichen Behandlung
Ein Verstoß gegen das Sachleistungsprinzip und gleichzeitige Doppelabrechnung rechtfertigen eine disziplinarische Maßnahme. Das hat das Sozialgericht (SG) München entschieden und die Klage eines Augenarztes gegen einen Disziplinarbescheid der Kassenärztlichen Vereinigung zurückgewiesen. Der Leitsatz dieser Entscheidung: „Die Weigerung eines Vertragsarztes, eine Versicherte wegen kapazitätsmäßiger Überlastung als Kassenpatientin zu behandeln und die stattdessen am selben Tag erfolgende Behandlung der Versicherten aufgrund Privatliquidation stellen einen Verstoß gegen das Sachleistungsprinzip sowie gegen die Vorschrift des § 128 Abs. 5a SGB V dar (SG München, Az.: S 28 KA 116/18).
Im konkreten Fall war die Versicherte mit Augenbeschwerden in die Arztpraxis des Arztes gekommen, so der Bericht im Rechtsreport des „Deutschen Ärzteblattes“. Ihr wurde gesagt, dass sie die Behandlung in diesem Quartal bezahlen müsse, weil sie nicht mehr bei der Krankenkasse abgerechnet werden könne. Um eine Untersuchung und Behandlung zu erhalten, habe die Versicherte ein Formular „Einverständniserklärung“ unterzeichnet und 40 Euro bezahlt. Der Kläger rechnete für die Behandlung der Versicherten die Grundpauschale (GOP 06212 EBM) sowie einen kleinen chirurgischen Eingriff (GOP 02301 EBM) für die Entfernung einer Talgzyste am Augenlid ab.
Nach dem Sachleistungsprinzip habe der Arzt seine Leistung als Sachleistung für die Kassenpatientin gänzlich kostenfrei zu erbringen, so das SG München. Der Arzt habe die Pflicht, die Versicherte zu behandeln. Gemäß § 13 Abs. 7 Satz 3 BMV-Ä darf die Behandlung einer oder eines Versicherten nur in begründeten Fällen abgelehnt werden. Grundsätzlich kann eine kapazitätsmäßige Überlastung des Arztes einen derartigen begründeten Ablehnungsgrund darstellen Eine solche Überlastung beim Kläger lag jedoch nicht vor. Andernfalls hätte er keine Zeit gehabt, bei der Versicherten an diesem Tag eine privatärztliche Behandlung inklusive eines kleinchirurgischen Eingriffs vorzunehmen. Indem der Kläger die von der Versicherten begehrte GKV-Behandlung als privatärztliche Behandlung anbot und abrechnete, verstieß er gegen das Sachleistungsprinzip sowie gegen die Vorschrift des § 128 Abs. 5 a SGB V. Denn Vertragsärztinnen und -ärzte, die unzulässige Zuwendungen fordern oder annehmen oder Versicherte zur Inanspruchnahme einer privatärztlichen Versorgung anstelle der ihnen zustehenden Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung beeinflussen, verstoßen gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten. Die verhängte Geldbuße in Höhe von 2.500 Euro sei auch verhältnismäßig und die ihr zugrundeliegende Entscheidung ermessensfehlerfrei. Die Klage war daher abzuweisen
Dieser Artikel stammt vom Leo Schütze Verlag, Herausgeber des "Schütze-Briefs". Curagita übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit dieser Informationen