Neuroradiologische Messverfahren, Klassifikationen und Zeichen

Georg Thieme Verlag Stuttgart, New York, 2018, 304 Seiten, 774 Abbildungen

Dr. med. Jan Mariß, langjähriges Netzmitglied aus Fritzlar, Facharzt für Radiologie und Neuroradiologie sowie ärztlicher Leiter der RadMedics GmbH (Radiologie Nordhessen & Mittelhessen), hat gemeinsam mit Dr. med. Christoph J. Maurer (Augsburg) eine Arbeit zu neuroradiologischen Messverfahren, Klassifikationen und Zeichenveröffentlicht.

Das vorliegende Buch „ist kein Lehrbuch, sondern ein Nachschlagewerk, ein Arbeitsplatzbuch, das die tägliche Arbeit mit den neuroradiologischen Fragestellungen erleichtern soll“ (aus dem Vorwort). Es enthält acht akribisch recherchierte neuroradiologische Kapitel mit zum Teil bis ins Kleinste detailliert dargestellten Fakten ohne Verlust der Übersicht. Veranschaulicht werden diese Darstellungen durch schematisierte Zeichnungen, gut verständliche Tabellen und eindrucksvolle Schnittbilddarstellungen.

Im 1. Kapitel „Kopf und Gehirn“ (75 Seiten) werden zunächst Anatomie und Normvarianten des Gehirns mit zahlreichen Zeichnungen und MRT-Bildern dargestellt: Lobi, Gyri, Sulci, neuroanatomische Landmarken in verschiedenen Ebenen sowie die somatotope Einteilung des Körpers (Homunkulus), Variationen der Ventrikel, Arachnoidalzysten, perivaskuläre Räume und Normwerte der Hypophyse. Jeweils im Anschluss werden entsprechende Literaturangaben aufgezeigt.

Sodann werden ungewöhnliche und seltene Fehlbildungen beschrieben, wie z.B. Ecchordosis physaliphora, eine hamartomatöse Läsion, mit ihren Erscheinungsformen und Abgrenzungsmerkmalen. Es folgen Fehlbildungen des Corpus callosum, Störungen der Kortexentwicklung und Fehlbildungen der hinteren Schädelgrube. Parenchymläsionen bei Frühgeborenen werden besprochen, schließlich auch Kraniosynostosen. Danach werden Schädel-Hirn-Traumen mit CT- und MRT-Klassifikationen dargestellt, Messverfahren zur Volumenabschätzung einer intrazerebralen Blutung aufgezeigt und intraventrikuläre Blutungen klassifiziert.

Anschließend werden infektiöse und entzündliche Erkrankungen besprochen (Echinokokkose, multiple Sklerose), degenerative Veränderungen (mediale und frontale Temporallappenatrophie, globale zerebrale Atrophie, Demenz), Leukenzephalopathie, Parkinson-Syndrome, Störungen der Liquorzirkulation sowie Messverfahren bei intrakranieller Hypotension.

Im 2. Kapitel (67 Seiten) widmen sich die Autoren “Kopf- und Halsgefäßen“, beginnend mit der Darstellung von Anatomie und aller Normvariationen (Aortenbogen, Karotissyphon, intrazerebrale Arterien) in Schrift und Bild. Die angeborenen Gefäßpathologien, von AV- und kavernösen Malformationen über ultraschalldargestellte Stenosierungen bis hin zu akuten zerebralen Ischämien (Schlaganfall), werden anschaulich mit allen internationalen Bezeichnungen einschließlich CT- und MRT-Bildern beschrieben und therapeutische Maßnahmen vorgeschlagen.

Es werden die intrazerebralen Aneurysmen mit allen anatomischen Variationen und mit Klassifizierung deraneurysmalen Subarachnoidalblutung vorgestellt, ebenso auch AV-Fisteln sowie Gefäßveränderungen unklarer Genese (fibromuskuläre Dysplasien, Moyamoya-Erkrankungen).

Im 3. Kapitel „Gesichtsschädel“ werden auf 22 Seiten zunächst Anatomie und Normvariationen des Gesichtsschädels analysiert, dann die entzündlichen Erkrankungen der Orbita sowie die Messung von MRT-Signalveränderungen der extraokulären Muskeln besprochen.

Es folgen kraniofaziale Entwicklungsstörungen, traumatische Erkrankungen und degenerative Veränderungen (z. B. der Kiefergelenke). Abschließend wird über Tumorerkrankungen (Tumoren von Nase, Nasenebenhöhlen, Orbita, Tränendrüsen und Metastasen) berichtet.

In den drei kürzeren Artikeln des 4. Kapitels steht das „Felsenbein“ im Fokus: Anatomie, Normvariationen, Fehlbildungen der Gehörgänge, des Mittel- und Innenohres, Traumen und Tumore, Schwannome, Paragangliome.

Es folgt Kapitel 5 „Kraniozervikaler Übergang“ mit Traumen, Kraniometrie, Dislokationen und Tumoren.

Schließlich beschreibt das 6. Kapitel „Kopf und Hals“ die Anatomie, gut- und bösartige Tumoren sowie alle anatomischen Organe und Strukturen (Lymphknoten, Speicheldrüsen, Larynx- und Pharynx-Veränderungen, Paragangliome und Glomus caroticum-Tumoren).

60 Seiten werden dem 7. Kapitel „Wirbelsäule und Myelon“ gewidmet. Rückenmarksegmente mit den entsprechenden Dermatomen, Sklerotomen und Myotomen werden mit Zeichnungen, Tabellen und den dazugehörigen Variationen und Fehlbildungen beschrieben. Dazu kommen Haltungsschäden, unterschiedliche Formen von Bandscheibenveränderungen, einschließlich der MRT-Klassifikationen, Facetten-Gelenkarthrosen, Messungen der Spinalstenosen im HWS- und LWS-Bereich, spinale vaskuläre Malformationen und postoperative Klassifikationen von Pedikel-Schrauben. Traumen im Bereich der HWS, BWS und LWS sowie deren Fehlbildungen werden in aller Ausführlichkeit mit zahlreichen Zeichnungen und Literaturverweisen dargestellt. Entsprechende Literaturstellen werden am Kapitelende angeführt. Hinsichtlich spinaler Fehlbildungen sind die Diastematomyelien sehr selten. Beim Typ I haben die beiden Myelonstränge jeweils getrennte Duralsäcke und sind durch ein knöchernes oder knorpeliges Septum getrennt, bei Typ II haben beide Myelonstränge einen gemeinsamen Duralsack und sind lediglich durch ein bindegewebiges Septum getrennt.

Im 8. Kapitel werden die „Tumorendes zentralen Nervensystems“ abgehandelt, wobei die Merkmale der einzelnen Tumoren (und Metastasen) nach Alter, Geschlecht und Lokalisation tabellarisch erfasst sind und für den Leser einen vollständigen Gesamtüberblick ergeben. Es handelt sich im Wesentlichen um astrozytäre und oligodendrogliale Tumoren, um ependymale und embryonale Tumoren, um Tumoren des Plexus choroideus, der Pinealisregion und der Sellaregion, um Meningiome, Lymphome, histiozytäre Tumoren und Kraniopharyngiome sowie um hypothalamische Hamartome. Zum Schluss wird die MR-Spektroskopie des ZNS beschrieben.

Der Rezensent kann in der Kürze nur zum Teil das vermitteln, was in diesem klar gegliederten, spannend und sprachlich gut geschriebenem Buch an übersichtlichem Wissen – auch mittels tabellarischer Übersichten, Zeichnungen und Schnittbilder – dargestellt ist. Der Leser erfährt eine wissenschaftlich fundierte Wissenserweiterung, die sich gut im Gedächtnis festigt.

So ist dieses Buch in der Tat ein unentbehrliches „Arbeitsbuch“ nicht nur für neuroradiologische Experten, sondern es ist ebenso geeignet für fortgeschrittene Medizinstudenten sowie für Radiologieassistenten in Weiterbildung, zumal neben den wissenschaftlichen Darstellungen auch propädeutische Inhalte vermittelt werden.

Darüber kann es ob seiner medizinischen Vielfalt für Neurologen, Neurochirurgen, Onkologen, Unfallchirurgen und Orthopäden sowie für alle Ärzte, die sich für neurologische Fragestellungen interessieren, eine fruchtbare Quelle zur Wissenserweiterung sein. Für mich ist dieses Buch eine wahre Bereicherung.