Neues zu opportunistischen Infektionen des zerebralen Nervensystems bei iatrogener Immunsuppression

Aktuelle Neurologie, Vol.45, Juni 2018, S. 370-380

G. Arendt et al., Düsseldorf

Iatrogene Immunsuppressionen z.B. nach Transplantationen führen nicht selten zu opportunistischen Infektionen des ZNS. Das Keimspektrum umfasst Viren, Pilzerreger, Toxoplasma und Bakterien. Kernspintomographisch zeigen sich z.B. ringförmige KM-anreichernde Mikroabszesse oder intraparenchymale Läsionen z.T. mit Einblutungen. Bei der gefährlichsten Pilzinfektion mit Crytococcus neoformans kommt es innerhalb kurzer Zeit zu einem Hirnödem mit Bewusstseinseinschränkung, die ohne Behandlung rasch zum Tode führt. Sehr gefährlich sind Infektionen mit dem Herpes-simplex-Virus und dem Zytomegalie-Virus.

Opportunistische Infektionen des ZNS nach iatrogener Immunsuppression führen nicht selten zu Virus-, Parasiten-, Pilz- oder Bakterien-Erkrankungen, auch wegen der zunehmenden Zahl der Patienten mit Organtransplantationen oder mit immunmodulierenden Therapien. Das Keimspektrum umfasst in der Hauptsache Viren der Herpes-Gruppe, Pilzerreger (Aspergillus fumigatus, Candida albicans, Crytococcus neoformans), Parasiten (Toxoplasma) und bakterielle Erreger.

Stellen sich immunkompromittierte Patienten mit neurologischen Symptomen vor, sollte immer an eine Meningo-Enzephalitis gedacht werden.

Bei der bakteriellen Infektion Nokardiose zeigt die MRT ringförmige KM-anreichernde Mikroabszesse. Bei Vorliegen des grampositiven Bakteriums Listeria monocytogenes kommt es zu hochakuten Meningo-Enzephalitiden, häufig mit Hirnstammbeteiligung. Die MRT weist eine meningeale KM-Anreicherung auf, häufig mit intraparenchymatösen Läsionen im Hirnstamm.

Die seltenen Tuberkelinfektionen sind meist chronische Prozesse, die meningeale, zerebrale und spinale Komplikationen hervorrufen können. Die MRT zeigt die meningeale KM-Anreicherung und ringförmige KM-aufnehmende intrazerebrale Läsionen (Hirnabszesse).

Die zerebrale Toxoplasmose kommt bei iatrogen immunkompromittierten Patienten vor, insbesondere nach Nierentransplantationen. Sie ist Folge einer Reaktivierung von ruhenden Zysten (Tachyzoiten) im Hirngewebe. Bei der MRT sind ringförmige KM-anreichernde Läsionen zu erkennen, mit Einblutungen, meist subkortikal in den Basalganglien und infratentoriell.

Kernspintomographisch zeigen Pilzinfektionen (z.B. Aspergillose) Makro- oder Mikroabszesse. Die gefährlichste Pilzinfektion wird durch Cryptococcus neoformans verursacht. Sie entwickelt sich subakut mit subfebrilen Temperaturen und einer rasch einsetzenden Bewusstseinstrübung. Wird die Diagnose nicht innerhalb weniger Stunden gestellt, überlebt der Patient meist nicht. Die MRT zeigt ein diffuses Hirnödem, selten Mikroabszesse.

Die Herpes-simplex-Virusenzephalitis ist die häufigste Virusinfektion in Europa (0,2-0,4 Erkrankungen/100.000 Einwohnern). Die MRT zeigt eine temporo- bzw. fronto-basal gelegene Herdenzephalitis mit hämorrhagischem Nekrosen und erheblichem Hirnödem.

Die schlechteste Prognose hat das Zytomegalie-Virus. Im Verlauf dieserErkrankung kommt es in mehr als 80 % der Fälle zu einem Mittelhirn-Syndrom, da die Infektion zu einer Ventrikulitis führt, die sich in Form einer deutlichen KM-Anreicherung im Ventrikelependym darstellt. Neuerdings kommt dem JC-Virus (DNA-Papova-Virus) eine zunehmende Bedeutung zu. Es führt zu einer lytischen Demyelinisierung des Gehirns, was auch im MRT darstellbar ist. Diese Herde konfluieren und können eine ganze Hemisphäre betreffen. Es kommt allerdings zu keiner wesentlichen KM-Anreicherung.

Häufig ist die Immuntherapie-induzierte progressive multifokale Leukenzephalopathie mit einem Immunrekonstitutions-Syndrom (IRIS) verbunden, wobei es hier im MRT zu KM-Anreicherungen mit massiven Raumforderungen kommt.