MVZ: Künftig auch als Vertragsarzt freiberuflich in der GmbH tätig sein?

Mussten Radiologen bisher immer davon ausgehen, nur als angestellter Arzt in der eigenen MVZ-GmbH tätig werden zu können, so hat das Bundessozialgericht in einem Urteil vom 29.11.2017 den Weg zu einer freiberuflichen Tätigkeit auch in der GmbH geebnet.

Damit können in einer GmbH tätige Ärzte unter bestimmten Voraussetzungen

  • ihren Sitz auch an Ärzte weitergeben, die heute außerhalb des Vertragsarztsystems stehen,
  • weitere MVZ-GmbH gründen bzw. sich an solchen beteiligen, in denen sie nicht selbst tätig sind.

Die Richter ermöglichen damit die Gründung einer MVZ-GmbH durch Vertragsärzte, ohne dass diese zwangsläufig ihre persönliche Zulassung abgeben müssen. Sie erhalten sich damit den Status als Freiberufler. Zu beachten sind berufsrechtliche Vorgaben, die an eine Ärzte- GmbH gestellt werden und beispielhaft in § 23a der Muster-Berufsordnung-Ärzte geregelt sind. Ärzte, die in dem MVZ ärztlich tätig sind, müssen Gesellschafter der Träger-GmbH sein. Die Geschäftsführung muss mehrheitlich in den Händen von Ärzten liegen; verantwortlicher Geschäftsführer muss ein Arzt sein. Entsprechende Regelungen finden sich in allen Berufsordnungen der Länder, da mittlerweile die ärztliche Tätigkeit in einer GmbH bundesweit zugelassen ist.

Die Entscheidung hat positive Folgen für die MVZ-Gründungsberechtigung von Vertragsärzten. Zwar hat der Gesetzgeber im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz klargestellt, dass Ärzte trotz des Verzichts auf die persönliche Zulassung zugunsten der GmbH und die dortige Anstellung weiterhin gründungsberechtigt sind – aber nur für das MVZ, in dem sie selbst ärztlich tätig sind. Sie konnten aber nach der restriktiven Rechtsauffassung nahezu aller Zulassungsausschüsse dann keine weiteren MVZ gründen, da sie ihren Status als freiberufliche Vertragsärzte aufgegeben haben. Darin sah das BSG eine Ungleichbehandlung mit den ebenfalls gründungsberechtigten zugelassenen Krankenhäusern, die ohne weiteres mehrere MVZ gründen können.

Durch das Urteil des BSG wird Vertragsärzten wieder die ihnen originär zustehende Möglichkeit eröffnet, MVZ zu gründen, auch wenn sie selbst in einer MVZ-GmbH tätig sind.

Verbunden damit ist die Möglichkeit, die eigene Zulassung unter Wahrung der Stellung als GmbH-Gesellschafter an einen ärztlichen Nachfolger weitergeben zu können, der heute noch nicht zugelassener Vertragsarzt ist. Bisher konnten Gesellschafteranteile nur an nach § 95 SGB V Gründungsberechtigte veräußert werden, nicht aber an einen angestellten Arzt (auch in der eigenen MVZ-GmbH). In diesem Fall wird die Zulassung ganz normal über eine Ausschreibung durch den Zulassungsausschuss übertragen. Der Nachfolger erwirbt parallel die GmbH-Anteile.

Nicht möglich nach diesem Urteil ist allerdings eine GmbH, bei der sowohl Vertragsärzte als auch ein Krankenhaus Gesellschafter des sogenannten „Freiberufler-MVZ“ sind. Das Gericht stellt wie erwähnt auf die Berufsordnungen der Länder ab, in denen gefordert wird, dass Gesellschafter neben Ärzten nur selbständig tätige und zur eigenverantwortlichen Berufsausübung befugte Berufsangehörige der in § 23b Abs 1 S 1 MBO näher bezeichneten Berufe sein dürfen (s. Abbildung). Nicht ganz geklärt ist durch das Urteil, auf welchem Weg z. B. eine Krankenhaus-GmbH die Zulassung des ausscheidenden Vertragsarztes erwerben kann.

Für wen ist diese Organisationsform geeignet?

  • Für Radiologen/Nuklearmediziner, die selbst eine MVZ-GmbH ohne Aufgabe ihres freiberuflichen Status gründen möchten
  • Für Radiologen, die, obwohl sie in der eigenen MVZ-GmbH tätig sind, weitere MVZ gründen möchten, in denen sie nicht unbedingt selbst tätig sein müssen.
  • Für Ärzte, die angestellte Ärzte, aber auch z. B. MTRA an der GmbH beteiligen möchten.

Für wen ist diese Organisationsform nicht geeignet?

  • Für Investoren-GmbH (z. B. DeRaG), an denen sich Radiologen/Nuklearmediziner beteiligen möchten.
  • Ärzte, die gemeinsam mit Investoren Gesellschafter einer MVZ-GmbH sein möchten, können dies tun, müssen aber auf ihren Vertragsarztsitz zu Gunsten einer Anstellung im MVZ verzichten. Damit verlieren sie nach heutiger Rechtsprechung die gesetzlich geforderte Gründereigenschaft für weitere MVZ.

Fazit:

Die nun neu vom BSG eröffnete Möglichkeit kann bei der Überlegung zur künftigen Rechts- bzw. Organisationsform zusätzlich eine Rolle spielen. Aber auch Ärzte, die in ihrer bereits bestehenden MVZ-GmbH als angestellte Ärzte tätig sind, können versuchen, auf der Grundlage dieser Rechtsprechung nun die Umwandlung ihrer Zulassung in eine Freiberufler-Zulassung zu beantragen. Diese Entscheidung ändert nur wenig an den steuerlichen und gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen einer MVZ-Gründung (siehe CuraCompact-Ausgaben 3/17 und 5/17). Das BSG eröffnet hier allerdings neu die Möglichkeit, auch die Gesellschafterrolle in einer MVZ-GmbH an heute noch nicht vertragsärztlich Tätige weiterzugeben.

Ihr Ansprechpartner:

Carsten Krüger

ckgcuragita.com