MTRA gesucht ... Wie groß ist das Nachwuchsproblem in der Radiologie wirklich?

Einige Radiologienetz-Mitgliedspraxen beklagen zunehmende Probleme bei der Gewinnung von MTRAs. Der Fachbeirat hatte daher auf seiner Klausurtagung im Januar beschlossen, das Thema aufzugreifen. Eine Mitgliederbefragung sollte einerseits das Ausmaß der Problematik im Radiologienetz abstecken und andererseits nach bewährten Lösungsansätzen forschen.Zwei Fragen standen dabei im Mittelpunkt:

  • Wie hoch ist der Personal-Bedarf der Radiologienetz-Mitglieder und wird er durch das Angebot auf dem Arbeitsmarkt gedeckt?
  • Gibt es bereits Best Practices/Personalkonzepte in Mitgliedspraxen, von deren Erfahrungen und Einsatz andere Radiologienetz-Praxen profitieren dürfen?

Trotz ehrgeizigem Zeitfenster nahmen an der netzweiten Umfrage insgesamt 35 Praxen mit 1.150 Mitarbeitern (ohne Ärzte) teil, von denen nur zwei angaben, keinerlei Probleme bei der Rekrutierung von MTRAs zu haben. Alle anderen haben zunehmend Schwierigkeiten, elf Praxen sehen sich zurzeit sogar unter erheblichem Druck, offene Stellen zu besetzen.

Dabei sollte man – wenn man die Tätigkeiten betrachtet, die in den Praxen anfallen – die Perspektive auf das gesamte medizinisch tätige (nicht-ärztliche) Team ausweiten: Das besteht neben MTRAs aus MFAs und vereinzelt auch aus Krankenpflegern. Je eine radiologische und eine nuklearmedizinische Netzpraxis gaben gar an, dass sie ganz ohne MTRAs auskommen. Im Durchschnitt besteht das medizinische nicht-ärztliche Team zu 36 Prozent aus MTRAs.

Dem Vernehmen nach gibt es viele Überlappungen zwischen den Aufgabenbereichen von MTRAs und MFAs und nur wenige Einschränkungen beim Einsatz von zusatzqualifizierten MFAs, Krankenpflegern oder ähnlich qualifiziertem Personal. Trotzdem gibt es natürlich einige Bereiche, in denen die MTRAs gar nicht ersetzbar sind, z. B. im Screening-Bus oder in den Rand-/Nachtzeiten, in denen Untersuchungen gefahren werden, aber keine Radiologen anwesend sind. Das gilt insbesondere bei Praxen, die am Krankenhaus angesiedelt sind.

Gibt es also ein generelles Problem, Mitarbeiter für das medizinische Team einer radiologischen Praxis zu gewinnen oder sind nur die MTRAs die knappe Ressource?

Fakt ist, dass die MTRAs eine immer knapper werdende Ressource darstellen. Bei gleichbleibendem Angebot an Ausbildungsplätzen nehmen die Bewerbungen ab. Die zurzeit 2.700 Auszubildenden in den etwa 100 deutschen MTRA-Schulen decken den jährlichen Bedarf der niedergelassenen Radiologiepraxen, der Krankenhäuser und der Industrie nicht ab. Aus der Mitgliederumfrage ergibt sich ein hochgerechneter Bedarf von 1.260 MTRA-Vollzeit-Stellen, die pro Jahr in radiologischen Praxen neu zu besetzen sind. Berücksichtigt man, dass größere Betriebe wie Krankenhäuser durchschnittlich 250 € mehr Gehalt pro Monat zahlen (Quelle: Lohnspiegel.de 2015) und 20 % der Krankenhausstellen momentan unbesetzt sind, wird klar, warum die Mehrheit der befragten Radiologen (68 %) erwarten, dass sich die Situation weiter verschlechtern wird – in einer Situation, in der sie den Wettbewerbsdruck am Arbeitsmarkt bereits zu 61 % als eher hoch erleben. Interessant ist dabei, dass die Lage der Praxis (Stadt, Land) nicht ausschlaggebend für etwaige Probleme ist.

Was machen Netz-Praxen, um mit dem knappen Angebot an medizinischen Fachkräften umzugehen?

23 Praxen haben in der Befragung ihre Bereitschaft geäußert, sich künftig stärker zu engagieren, um Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten. Dabei sollte man drei Maßnahmenkategorien ins Visier nehmen: Die Verbesserung der Personalgewinnung, die Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber und schließlich die Effizienzsteigerung, um das vorhandene Personal besser zu nutzen.

Maßnahmen zur Personalgewinnung

Momentan schalten 83 % der befragten Netzpraxen Stellenanzeigen, wenn sie MTRAs suchen. Circa die Hälfte der Praxen platziert Gesuche auch online auf Praxiswebseiten und Online- Stellenbörsen. Das ist sicherlich ein guter Weg, um insbesondere die jungen jobsuchenden MTRAs zu erreichen – gleiches gilt für die noch recht wenig genutzten Social-Media-Kanäle. Offensichtlich gibt es immer wieder viele Initiativ-Bewerbungen, auf die Praxen dann im Fall der Fälle zurückgreifen können. Als weitere Quellen werden Headhunter (9 %) sowie Arbeitnehmer- Überlassung und Mund-zu- Mund-Propaganda (z. B. „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“) genannt.

25 Praxen gaben an, dass sie mit MTRA-Schulen regional kooperieren, in dem sie dort Stellenangebote aushängen oder Praktika anbieten. Zum Teil wird das schon seit vielen Jahren praktiziert, allerdings mit mäßigem Erfolg: Zwölf dieser Praxen gaben an, noch nie auf diesem Weg Nachwuchs für ihre Praxis rekrutiert zu haben.

Steigerung der Arbeitsplatzattraktivität zur Bindung des vorhandenen Personals

Ein Drittel der Befragten setzt variable Vergütungsmodelle ein. Aktiv wurden Boni, Beiträge zur Altersvorsorge und „Stück-Prämien“ im Bereich Mammographie- Untersuchungen genannt. 26 % der befragten Netzpraxen setzen auf Personalentwicklungsmodelle, weitere nennen Aktivitäten rund um das Praxisklima, z. B. Betriebsausflüge, Massagen, Frühstück, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein. 51 % geben an, dass sie familienfreundliche Arbeitszeitmodelle anbieten, was sich auch im hohen Teilzeitanteil niederschlägt. 45 % der MTRAs und 41 % der MFAs in den Netzpraxen arbeiten in Teilzeit. Gelänge es, einige der Teilzeitler wieder für eine Vollzeit-Tätigkeit zu gewinnen, könnte dies einen Teil der Ressourcenprobleme lösen.

In vielen Praxen sind Abend-, Nacht- und Wochenenddienste sowie Rufbereitschaften notwendig. Nur knapp ein Drittel der Praxen verlangt solche Dienste von allen Mitarbeitern. Wenn die Dienste erbracht werden, erhalten die Mitarbeiter in 17 Praxen Sondervergütungen und in 13 Praxen einen Freizeitausgleich. 26 Praxen gaben an, die Weiterqualifizierung der MFAs durch Übernahme von Ausbildungskosten zu fördern, 18 stellen darüber hinaus die Mitarbeiter für solche Maßnahmen frei.

Maßnahmen zur Effizienzsteigerung in der Praxis

Betrachtet man nur die Kosteneffizienz, ist die Weiterqualifizierung von MFAs, z. B. durch den „Röntgenschein“ ein Beitrag zur Personalkosteneinsparung, da der Gehaltsabstand zwischen den eingesetzten Kräften am Gerät immer noch stark vom Ausbildungsstand abhängt. So ergab eine Befragung von Netzpraxen im Jahr 2012 einen Gehaltsunterschied zwischen MFA und MTRA bei gleichem Einsatzgebiet in der Praxis von im Durchschnitt 458 € pro Monat, wobei der niedrigste Wert bei 0 und der höchste Wert bei 900 € lag.

Fraglich ist weiterhin, warum in fast 60 % der Netzpraxen nicht-medizinische Aufgaben wie Einsatzplanung und Qualitätsmanagement regelmäßig von MTRA wahrgenommen werden. Wenn die medizinischen Ressourcen immer knapper werden, sollten eher „Fachkarrieren“ (z. B. leitende MTRA in einem Modalitätenteam) gefördert werden und Managementaufgaben könnten an anders qualifizierte und leichter auf dem Arbeitsmarkt rekrutierbare Mitarbeiter delegiert werden, z. B. Bachelor-Absolventen im Bereich Gesundheitsmanagement oder sogar Quereinsteiger. Auch administrative und Service-Tätigkeiten könnten eher in den Aufgabenbereich eines nicht-medizinischen Teams in der Praxis fallen. In 23 Praxen sind MTRAs auch mit der Aufnahme von Patienten beschäftigt. Nur 13 Praxen geben an, dass ihre MTRAs nie telefonisch Termine vereinbaren. Hier scheint es noch Effizienzreserven zu geben.

Die Ergebnisse der Abfrage des Tätigkeitsspektrums der MTRAs in den Praxen ergeben ein sehr heterogenes Bild. Sie hängen sicherlich auch damit zusammen, welchen Stellenwert MTRAs in der Zusammenarbeit mit den Ärzten haben – sind sie mitdenkende medizinische Spezialistinnen, die den Radiologen inhaltlich zuarbeiten oder eher ausführende Kräfte, die alle Entscheidungen rund um die Bilderstellung beim Radiologen belassen? Aus diesen verschiedenen Konstellationen leiten sich dann auch entsprechend die Bedarfe an Qualifikationen ab und auch die Optionen, sie alternativ zu decken (z. B. über Management-, Hotelservice-, Krankenpflege- Personal.).

Interessant ist, dass in den allermeisten Praxen die MTRAs an allen Modalitäten zum Einsatz kommen. Nur drei Praxen gaben an, dass ihre Mitarbeiter ganz auf bestimmte Modalitäten spezialisiert seien.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es wohl in vielen Praxen Effizienzreserven gibt und mit zunehmendem MTRA-Mangel diese Reserven ausgeschöpft werden müssen. Dies ist in größeren einfacher als in kleineren Teams. Und es umfasst zum einen den Einsatz anders qualifizierter Mitarbeiter (medizinisch und nicht-medizinisch), zum anderen auch sicherlich die Optimierung vorhandener Abläufe und Prozesse, um knappe Fachressourcen zeitlich von nicht notwendig durch sie zu erledigenden Aufgaben zu entlasten.

Wie kann das Radiologienetz die Mitgliedspraxen unterstützen?

Das Radiologienetz kann den Austausch von Best Practices zwischen den Verantwortlichen in den Praxen zu den Themen Personalgewinnung, -bindung, -entwicklung und -effizienz ermöglichen und fördern. Hier sind bereits Veranstaltungen in Vorbereitung, z. B. auf dem Radiologentag am 18. November und im Rahmen der CurAcademy (Workshop „Employer Branding“ am 24./25. November).

Weiterhin kann das Radiologienetz Projekte anschieben, die die einzelne Praxis zeitlich und finanziell zu stark belasten würden, z. B. die Anbahnung von Kooperationen mit ausländischen MTRA-Schulen oder auch den Aufbau eines Vertreterpools aus freiberuflichen MTRAs („Hebammen-Modell“). Aufgrund erster Erfahrungen in den letzten Jahren ist mit diesen Ideen das Gesamtproblem jedoch nicht lösbar.

Im Rahmen von praxisindividuellen Einzelprojekten kann das Curagita-Team Funktionen in den Praxen zumindest zeitweise übernehmen (z. B. Personaleinsatzplanung, Praxis-/Personal- Marketing, Prozess-Analyse,- Optimierung und -Standardisierung, Messung und Optimierung der Personaleffizienz), um das vorhandene medizinisch tätige Team von nicht-medizinischen Tätigkeiten weitgehend zu entlasten. Außerdem profitieren Praxen durch die Außensicht eines kompetenten Beraters, der die Erfahrungen aus einer Vielzahl von anderen Praxisprojekten in die vorhandene Praxiskonstellation importiert.

Denkbar ist ein zusätzliches CurAcademy-Curriculum für die praktische Ausbildung nicht-ärztlicher Mitarbeiter mit medizinischer Vorausbildung (z. B. MFA, Krankenpfleger) an den Modalitäten. Das setzt jedoch voraus, dass Praxen dafür Mitarbeiter freistellen, ihre Reise- und Ausbildungskosten übernehmen, sich partiell als Ausbildungsstätte und vielleicht sogar mit „Lehr“-Personal zur Verfügung stellen.

Am Ende ist das Rezept, dem Fachkräftemangel adäquat zu begegnen, eine praxisindividuelle Mischung aus optimierten Prozessen, motiviertem Personal und sich ergänzenden Qualifikationen. Nicht mehr – aber auch nicht weniger!

 

Ihre Ansprechpartnerin:

Eva Jugel

eju@curagita.com

 

Herzlichen Dank an alle 35 Praxen, die sich an der Umfrage beteiligt haben und so zu diesem Artikel beigetragen haben! Einen detaillierten Ergebnisbericht zu der Umfrage können Sie sich hier downloaden:

Ergebnisbericht Verbundbefragung MTRA_Februar 2017