Kennzahlen in der Radiologie

Für Etliche von uns sind sie vermutlich ein trockenes und eher langweiliges Thema: Kennzahlen. Allerdings begegnen uns Kennzahlen im Alltag an jeder Ecke. Denken Sie zum Beispiel an die „Liter pro 100 km“ beim Autofahren oder die „kcal pro 100 g“ bei Lebensmitteln; hier sind wir gewohnt, diesen zu begegnen.

Kennzahlen helfen uns, Situationen und Sachverhalte besser einzuschätzen und eine schnelle Einordnung zu erhalten. Sie erhöhen die Transparenz und unterstützen bei der Meinungsbildung oder bei der Argumentation gegenüber Dritten.

 

Für eine derartige Bewertung ist es wichtig, mehrere Kennzahlen bzw. weitere Informationen zu haben und diese im Kontext zu sehen. Lassen Sie uns ein Beispiel „aus dem normalen Leben“ anschauen:

Ein Auto wird mit einem Verbrauch von 2,7 l / 100 km ausgewiesen. Ein super Wert, werden Sie sagen. Allerdings wendet der Kenner ein, wie das möglich sein soll. Erweitert man die Betrachtung um die nächste Kennzahl, nämlich die der Höchstgeschwindigkeit von 278 km/h, erscheint der Verbrauch umso mehr sehr gering, gleichzeitig kommt man spätestens hier ins Grübeln, was denn an der ersten Kennzahl möglicherweise nicht ganz korrekt ist. Nimmt man dann noch die Motorleistung von 462 PS und die Beschleunigung von 4,6 s von 0 auf 100 km/h hinzu, werden die Zweifel noch größer (für Interessierte: Es handelt sich um einen Porsche Panamera E-Hybrid).

Das Beispiel verdeutlicht also zweierlei:

  1. Kennzahlen müssen richtig ermittelt werden. Wie wir alle wissen, ist dies bei Verbrauchsangaben für Autos nicht der Fall. Die gültigen Testverfahren führen durchweg zu verzerrten Ergebnissen.
  2. Kennzahlen müssen die Realität wiedergeben.

 

Der wesentliche Aspekt bei der Wahl der richtigen Kennzahlen ist jedoch zuallererst die Fragestellung/das Ziel: Wozu dient die Kennzahl, was interessiert mich?

So sind für jemanden, der ein möglichst preisgünstiges Fahrzeug haben möchte, die vorherigen Werte allesamt irrelevant, da der Einstiegspreis deutlich im sechsstelligen Bereich liegt. Zudem sollten die Kennzahlen ohne größeren Aufwand zu ermitteln sein. Ebenfalls wichtig ist eine eindeutige Definition, sodass jedem klar ist, worüber man spricht.

Ihre eigentliche, steuernde Wirkung können Kennzahlen erst entfalten, wenn diese in einer angemessenen Regelmäßigkeit und über einen längeren Zeitraum erfasst und miteinander verglichen werden. Möglicherweise werfen Sie jetzt ein, dies sei ja akademisch durchaus interessant, aber nicht nötig. Als einzig erforderliche Kennzahl reiche der Blick auf die in der Praxis erzielten Überschüsse und den Stand des Bankkontos. Dies könnte man so sehen. Allerdings hat vermutlich jede Praxis den Anspruch, ein möglichst optimales wirtschaftliches Ergebnis zu erzielen, und dies bei guter medizinischer und Service-Qualität sowie zufriedenen Mitarbeitern, Patienten und Zuweisern. Was das für den Praxisalltag bedeutet, soll das folgende Beispiel zeigen.

 

Die Frage lautet, ob das im MRT-Bereich erzielte Ergebnis optimal ist.

Zuerst muss die Fragestellung weiter präzisiert werden.

Dies könnte bspw. wie folgt geschehen:

  • Haben wir eine gute Auslastung des MRT-Geräts?
  • Ist der Ressourcen-Einsatz im MRT angemessen?
  • Arbeiten wir im MRT effizient?

 

Um die Auslastung des MRT zu bewerten, muss zunächst definiert werden, mit welcher Größe man dies messen will: Patienten oder Leistungen?

Wir bevorzugen den Leistungsbegriff im Sinne der Darstellung einer Körperregion in einer Sitzung. Bezogen auf die MRT bedeutet dies, dass eine MRT Kopf inkl. Kopf-Hals-Angio somit als zwei Leistungen zu zählen ist, genauso wäre es bei einer CT von Thorax + Abdomen in einer Sitzung. Bei der reinen MRT-Kopf-Untersuchung handelt es sich entsprechend nur um eine Leistung. Somit kann eine der Kennzahlen die der Leistungen pro Stunde bzw. pro Tag sein.

Der durchschnittliche Zeitbedarf pro MRT-Leistung beträgt 20 Minuten, d.h. pro Stunde sind drei Leistungen möglich. Bezogen auf einen 12-Stunden-Tag ergibt sich somit eine Kapazität von 35 Leistungen (die ersten 20 min werden für das morgendliche Rüsten benötigt).

Die analysierte Einrichtung „MVZ A“ hat sogar einen geringeren Zeitbedarf als der Durchschnitt, dies spiegelt sich auch in den teilw. bei über drei Leistungen liegenden Untersuchungen pro Stunde wider.

 

Trotzdem: Checken Sie Ihre Protokolle einmal konsequent durch und prüfen Sie auch die Abläufe.

Dass die in der  Grafik bereits vorgestellte Einrichtung durchweg über den Tag effizient arbeitet, zeigt auch das Tableau der einzelnen Betriebsstunden.

 

Auf den ersten Blick ist in diesem MRT-Bereich also alles in Ordnung. Doch wie so oft im Leben lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Dieses MVZ hat einen durchschnittlichen Privatpatientenanteil im Durchschnitt aller Modalitäten von ca. 10 % (eine weitere, gute Kennzahl).

Die Analyse aller Bereiche dieser Praxis hat jedoch ergeben, dass der Anteil im MRT mit ca. 7 % weit darunter liegt:

 

Und wie Sie sehen, gehen die negativen Abweichungen in anderen Bereichen noch viel weiter.

In dieser Radiologie sind zudem zwei Radiologen für die Betreuung des MRT eingeteilt, bei dem vorhandenen Leistungsaufkommen und den Öffnungszeiten wäre die Abdeckung durch anderthalb Ärzte/Ärztinnen jedoch ausreichend.

 

Des Weiteren ist aufgefallen, dass die Fallzahl eines der hier tätigen Radiologen deutlich unter dem Fachgruppendurchschnitt liegt, während die mitbeteiligte Radiologin deutlich darüber liegt. Leider erfolgt keine Budgetsteuerung, dadurch werden unnötige Abschläge in Kauf genommen bzw. die Potenziale nicht voll genutzt.

 

Welche Schlüsse/Maßnahmen lassen sich daraus ableiten?

  1. In diesem Fall wurden die Erkenntnisse im Rahmen einer einmaligen Analyse gewonnen. Wichtig ist jedoch, dranzubleiben und ein dauerhaftes Kennzahlen-Controlling einzuführen, verbunden mit der regelmäßigen Erhebung der Daten.
  2. Der Personaleinsatz im ärztlichen Dienst ist an die Gegebenheiten/das tatsächliche Leistungsaufkommen anzupassen.
  3. Die Verteilung der KV-Leistungen und die Zuordnung auf die Ärzte muss aktiv gesteuert werden. Und dies am besten taggenau.
  4. Die Gründe für den geringen Privatpatientenanteil sind zu analysieren, anschließend muss eine gezielte Kampagne zur Beseitigung der offensichtlich nicht ausreichenden Attraktivität für Privatpatienten gestartet werden.

 

Setzen wir die Betrachtung unseres Beispiels fort und kommen zur Kennzahl „Produktivität“:

  1. Mit wie vielen Mitarbeitern werden die ermittelten Zeitbedarfe/Leistungen pro Stunde realisiert?
  2. Wie sind die einzelnen Mitarbeiter ausgelastet?

 

Auf den nicht erforderlichen „halben“ Arzt hatten wir bereits hingewiesen, aber die Betrachtung ist noch genauer möglich, besonders unter Berücksichtigung auch der zweiten Frage.

Gang und gäbe war es lange Zeit, dies mit „Punkten pro Mitarbeiter“ zu ermitteln (aus EBM und GOÄ). Allerdings ist der Aufwand hierfür sehr hoch, zumal die korrekte Würdigung des Verhältnisses GKV/PKV eine aufwendige Umrechnung erfordert (und der 1:1-Übertrag aufgrund der unterschiedlich definierten Gebührenziffern prinzipiell nicht funktioniert), auch fallen alle weiteren Tätigkeiten damit unter den Tisch, wie bspw. Besprechungen, Leitungstätigkeiten u. a..

 

Deshalb empfehlen wir ein anderes, sehr einfaches Prinzip:

Die Stunde hat 60 min. Jeder Tätigkeit wird ein Minutenwert zugeordnet und als „Anzahl Punkte“ festgehalten. Dabei werden für die eigentlichen ärztlichen Tätigkeiten die Prüfzeiten – ggf. etwas modifiziert – verwendet, diese liefert jedes RIS. Weitere Tätigkeiten werden – nach gemeinsamer Festlegung der benötigten Umfänge und damit anzurechnenden Umfänge – mit den tatsächlichen Zeitwerten hinzuaddiert.

 

Wer pro Stunde Arbeitszeit 60 Punkte erzielt, hat eine Produktivitätskennzahl von 100 entsprechend einer Auslastung von 100%, geringere oder höhere Punktwerte verändern den Index unmittelbar. Diese Kennzahl ist vor allem für Ärzte geeignet. Bei den MTRA ist dieses Vorgehen aufgrund der wechselnden, teils einfachen, teils Doppelbesetzung an den Modalitäten nicht zielführend, auch Springer sind so nicht messbar.

 

 

 

Zugegeben – am schwersten messbar ist die Qualität.

Man könnte sagen, wenn diese nicht stimmt, kommt auch kein Patient. Wenn es so einfach wäre – angesichts der überall realen Wartezeiten auf MRT-Termine springt diese Sichtweise zu kurz. Deshalb ein offenes Wort: Wenn Sie sich um die Bewertung der erzielten Qualität kümmern möchten, heißt dies Aufwand treiben. Am korrektesten wäre die Anzahl übereinstimmender Befunde im Rahmen einer Doppel-Blind-Befundung, nur wie soll das leistbar sein?

 

Deswegen der Vorschlag, selbstkritisch und offen damit umzugehen:

  • Erfüllen meine Befunde meine Ansprüche?
  • Was sagt der Zuweiser, wenn ich ihn frage?
  • Was sagen meine Kollegen in der Praxis (könnte heikel werden …)?

 

Zufriedenheit ist hingegen gut messbar und in Prozentwerten klar abzubilden. Mehr als „völlig zufrieden - teilweise zufrieden - nicht zufrieden“ brauchen Sie nicht. Zufriedene Mitarbeiter? Sprechen Sie ehrlich und regelmäßig miteinander.

Und führen Sie die monatliche Ermittlung von Zuweiser-Statistiken ein. Beides, Zu- und Abnahmen, sind gleich wichtig. Als Bezugsgrößen verwenden Sie sowohl den Vormonat als auch den gleichen Monat im Vorjahr/in den Vorjahren. Wichtig ist vor allem, gezielt auf die gewonnenen Erkenntnisse zu reagieren.

 

Wie Sie sehen, gibt es viele Möglichkeiten Kennzahlen sinnvoll einzusetzen.

 Vor allem ist uns wichtig, dass die Beschäftigung mit dem Thema Kennzahlen bedeutet, sich bewusst und systematisch mit einem Thema zu befassen. Wir wollen etwas wissen, ggf. vergleichen und zu einem optimalen Ergebnis kommen. Und darum geht es letztlich in der so wichtigen aktiven Unternehmenssteuerung als Grundlage einer möglichst erfolgreichen Praxis.

 


 

Ihre Ansprechpartner

Thomas Pfeifer

Sebastian Häde

RadioLogic GmbH

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