Interview mit Prof. Dr. Lars Grenacher: "Die Praxen müssen sich bei den Ärzten bewerben!"

„Auf dem Land haben wir kaum Chancen bei der Suche nach angestellten Fachärzten“, erklärte der Mosbacher Netz-Radiologe Dr. Michael

Hering im Interview mit CuraCompact (vgl. Ausgabe 3/2016). Seine Schlussfolgerung: Im ländlichen Raum muss man schon eine Praxisbeteiligung anbieten, um gute Leute für einen Einstieg zu gewinnen. Doch wie ist das in den Großstädten? Wir haben dazu mit dem ärztlichen Leiter des DeRaG-MVZs Diagnostik München, Prof. Dr. Lars Grenacher, gesprochen.

Redaktion: Herr Prof. Grenacher, Sie haben im vergangenen Jahr auch einige Arztstellen neu besetzen müssen. Welche Erfahrungen haben Sie

dabei gemacht?

Grenacher: Wir hatten eine etwas spezielle Ausgangssituation in der Diagnostik München, da wir Ärzte gesucht haben, die sowohl in der Radiologie

als auch in der Nuklearmedizin eingesetzt werden können. Und wie jeder weiß sind Doppel-Fachärzte bzw. Nuklearmediziner mit  "MRT-Führerschein“  generell rar gesät. In einer Großstadt wie München ist das auch nicht anders. Zudem gibt es hier viele suchende Gesundheitseinrichtungen, die solche vielseitigen Mediziner natürlich auch mit Kusshand nehmen, dadurch wird die Situation noch verschärft. Man könnte fast schon sagen, dass sich die Praxen bzw. die MVZs, wie wir eines sind, um die wenigen Ärzte regelrecht bewerben müssen.

Redaktion: Die Diagnostik München bietet ja als MVZ der DeRaG ausschließlich Arztstellen im Angestelltenverhältnis – ist das für potenzielle Bewerber ein Problem oder begrüßen sie das sogar?

Grenacher: Wir versuchen natürlich mit unseren Vorteilen zu punkten, die eine Anstellung gegenüber der Freiberuflichkeit bietet: Es winkt ein geregeltes Angestelltenverhältnis, der Einsteiger muss kein unternehmerisches Risiko tragen, er muss sich nicht verschulden, wie das beim Einstieg

als Praxispartner üblich ist. Umgekehrt können wir denen, die das unternehmerische Risiko nicht scheuen, eine Aktienbeteiligung an der DeRaG bieten oder perspektivisch eine Stelle in der ärztlichen Geschäftsführung. Und was darüber hinaus viele positiv registrieren, sind unsere  Arbeitszeitmodelle. Wir können recht flexibel mit der Lage und der Verteilung der Arbeitszeit umgehen, sodass wir auf besondere Lebensumstände

eingehen und beispielsweise eine Vier-Tage-Woche realisieren können.

Redaktion: Das dürfte doch der Work-Life-Balance-Erwartung der „Generation Y“ entgegenkommen. Wie erleben Sie das in den Bewerbungsprozessen? Suchen die jungen Ärzte tatsächlich eher nach Jobs mit geregelten Arbeits- und Freizeiten und verzichten dafür auf Geld und Verantwortung? Oder ist das eine Mär?

Grenacher: Das ist schon richtig, die Generation Y zeichnet sich dadurch aus, dass ihr ausreichend Freizeit und eine gute Work-Life-Balance so

wichtig ist, dass sie dafür sogar auf Geld verzichtet. Aber: Die Doppelfachärzte, die wir suchen, sind gar keine typischen Ypsilons. Sie sind in der Regel schon etwas älter und sehr karriereorientiert. Sie haben ja bereits zwei Facharzttitel erworben und sind sich ihrer besonderen Marktstellung absolut bewusst. Die gute Work-Life-Balance nehmen sie dann gerne mit – aber nur bei vollem Lohnausgleich. Wir sind sicherlich nicht knauserig. Aber dennoch kommen schon manche Bewerber mit abstrusen Vorstellungen, da müssen wir dann auch mal Abstand nehmen.

Redaktion: Was kann die Diagnostik München bzw. die DeRaG als Muttergesellschaft Bewerbern in einem Angestelltenverhältnis mehr bieten als

eine „normale“ Praxis?

Grenacher: Wir können die Vorteile eines deutschlandweiten Unternehmens bieten, inklusive verschiedener Entwicklungsperspektiven, die eine

normale Einzelpraxis nicht aufweisen kann. Aufgrund der Größe sind echte medizinische Spezialisierungen auch realisierbar, anderswo herrscht da

eher das „Jeder macht alles“-Prinzip. Und auch die angesprochene pragmatische Herangehensweise bei der Gestaltung individueller  Arbeitszeitmodelle ist ein Ergebnis unserer Unternehmensstruktur. Woran wir noch arbeiten, ist die stärkere Zusammenarbeit mit Kollegen im Radiologienetz und in Kompetenznetzwerken. Und auch am Thema Zweitbefundungen sind wir dran. Das ist sicher auch eine interessante Perspektive für unsere Ärzte und die Zukunft der Radiologie.

Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch.