Dosismanagement-Systeme für die radiologische Praxis – Status quo-Bericht
Andrea Salwat aus dem DeRaTek-Team im Gespräch mit Guido Gebhardt, Jury-Mitglied beim Medienpreis für Radiologie sowie Herausgeber des Radiologie Magazin.
A. Salwat (Team DeRaTek):
Herr Gebhardt, in der Sonderausgabe 3-2017 Ihres Radiologie Magazins haben Sie einen detaillierten Überblick über das Thema „Dosismanagement“ bzw. die zukünftige Dokumentationspflicht der applizierten Dosis dargestellt. Können Sie für uns und unsere Netzmitglieder die wichtigsten Eckpunkte daraus zusammenfassen?
G. Gebhardt (Radiologie Magazin):
EURATOM steht als Akronym für die Europäische Atomgemeinschaft, die durch die Unterzeichnung der Römischen Verträge von Frankreich, Italien, den Beneluxstaaten und der Bundesrepublik Deutschland am 25. März 1957 in Rom gegründet wurde. Die EURATOM-Richtlinie 2013/59 hat in Deutschland zur Folge, dass der Strahlenschutz erstmals in ein Gesetz gegossen wurde. Vorgehensweisen im Allgemeinen sind noch in der Strahlenschutzverordnung und für die Radiologie in der Röntgenverordnung geregelt. Dem Strahlenschutzgesetz wird nunmehr eine allumfassende Strahlenschutzverordnung folgen, die alle möglichen Anwendungsfälle umfasst.
Der Strahlenschutz bekommt einen höheren Stellenwert. Wesentliche Neuerungen für die Radiologie betreffen die rechtfertigende Indikation, die klinische Kontrolle, die Patienteninformation und -aufklärung sowie die Qualitätssicherung: Es ist ein Informations- und Meldewesen zu etablieren, das jederzeit Rückschlüsse ziehen lässt, welcher Patient wie viel Strahlung abbekommen hat und in welchem Verhältnis die applizierte Strahlung zu den vorgegebenen diagnostischen Referenzwerten steht. Werden Referenzwerte überschritten, sind – abhängig von der Höhe der Überschreitung – entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Auch wenn nirgendwo im Gesetz das Wort „Dosismanagementsystem“ zu lesen ist, sind die umfassenden Dokumentations- und Auswertepflichten sinnvoll wohl nur mit Hilfe eines dedizierten Softwarepakets (Dosismanagementsystem) zu erfüllen.
Das Strahlenschutzgesetz wurde bereits am 6. Juli 2017 verabschiedet. Also kurz vor der Sommerpause und den danach anstehenden Bundestagswahlen. Diesem Umstand ist wahrscheinlich auch geschuldet, dass das Gesetz im Oktober 2017 nur in Teilen in Kraft treten konnte und noch nicht vollumfänglich vollzogen werden kann. Den Behörden fehlen bisher die exakten Vorgaben für den Vollzug.
Wie bei zahlreichen anderen Gesetzen auch, beschreibt das Strahlenschutzgesetz die neuen Pflichten zwar umfassend, geht dabei aber nicht ins Detail. Details werden in der nachgelagerten Verwaltungsverordnung – der Strahlenschutzverordnung – geregelt. Doch diese fehlt noch. Für das Erscheinen der neuen Strahlenschutzverordnung gilt als Frist der 31.12.2018. Aber auch dann ist noch nicht alles gut! Denn zur Umsetzung der Verordnung bedarf es sogenannter Durchführungsrichtlinien. Bisher sind das für die Radiologie die Qualitätssicherungsrichtlinie (QS-RL) und die Sachverständigen-Prüfrichtlinie (SV-RL). Die QS-RL beschreibt detailliert, wie die Qualitätssicherung in der Radiologie auszusehen hat und referenziert dabei auf die entsprechenden Normen. Für die Normen ist wiederum der Normenausschuss Radiologie (NAR) zuständig. Der SV-RL entnehmen die Sachverständigen, nach welchen Prüfmustern sie die jeweiligen Röntgeneinrichtungen zu prüfen haben.
Die Überarbeitung der QS-RL kann erst beginnen, wenn die Strahlenschutzverordnung veröffentlicht ist. Die Sachverständigen-Prüfrichtlinie befindet sich gerade in der Überarbeitung und wird Mitte 2019 fertig sein. Das bearbeitende Gremium ist der Arbeitskreis-Röntgenverordnung (AK-RöV), der zweimal im Jahr tagt. Bis nach dem Gesetz also auch die Strahlenschutzverordnung sowie die QS-RL und die SV-RL wieder im Takt sind, werden somit noch mehrere Monate vergehen, in denen niemand weiß, wie die bereits jetzt gesetzlich vorgeschriebenen Vorgaben umzusetzen und von den Behörden zu kontrollieren sind.
Eines ist aber jetzt schon klar, es wird eine umfangreiche Dokumentationspflicht in der Radiologie geben.
Auf dem Markt werden bereits jetzt schon knapp 15 unterschiedliche Dosismanagementsysteme angeboten, die alle vorgeben, sämtliche Anforderungen zu erfüllen, sich jedoch in Ausstattung und Umfang für unterschiedliche Anwendungsszenarien – Klinik oder Praxis – unterscheiden. Auch wenn bis zum Beginn der Überprüfung und der Umsetzung des Strahlenschutzgesetzes vermutlich mehr als ein Jahr vergeht, ist es empfehlenswert, sich schon bald um die Auswahl eines geeigneten Systems zu kümmern. Zum einen vergeht die Zeit ja immer schneller als man denkt, zum anderen: Das Gesetz gilt in großen Teilen bereits seit Oktober 2017! Selbst wenn die Umsetzung noch nicht bis ins Detail geregelt ist und eine flächendeckende Kontrolle fehlt, steht der Strahlenschutzverantwortliche in der Pflicht. Er steht dafür gerade, dass die gesetzlichen Vorgaben vor Ort nach bestem Wissen und Gewissen umzusetzen sind – egal ob die Strahlenschutzverordnung bzw. die nachgelagerten untergesetzlichen Regelwerke bereits veröffentlicht sind.
A. Salwat (Team DeRaTek):
Vielen Dank für Ihre interessante Ausführung, Herr Gebhardt.
Auch wir im Team der DeRaTek haben uns zum Ziel gesetzt, durch diverse Pilottests verschiedener Dosismanagement-Software-Systeme in unseren DeRaG-MVZ die richtige Software für uns zu identifizieren und bis zum 31.12.2018 verbindlich einzuführen. Wichtig ist uns dabei, eine stabile und intuitive Softwareplattform zu finden, die der Dokumentationspflicht zukünftig in Gänze entspricht und trotzdem nur einen geringen Zeit- und Pflegeaufwand für die Anwender beansprucht. Wir gehen davon aus, am Ende des ersten Halbjahrs 2018 die geeignete Software für die DeRaG-MVZ identifiziert zu haben und die Entscheidung darüber sowie die Erfahrungen aus dem Entscheidungsprozess den Mitgliedspraxen zur Verfügung stellen zu können. Weiterhin können wir auch die dann rabattierten Konditionen für Netzmitglieder final verhandeln. Hier gilt wie immer der Grundsatz: je mehr Praxen sich beteiligen, desto stärker die Verhandlungsmacht. Daher sind Interessensbekundungen bei uns ab sofort durchaus erwünscht.
Ihre Ansprechpartnerin:
Andrea Salwat