Die Komplexität einer MVZ Gründung – Interview mit Jürgen Bodemeyer, Kfm. Geschäftsführer Radiologie Nordhessen
Bei der Gründung eines MVZs sind viele Aspekte zu beachten und so manche Hürde zu nehmen. Das weiß auch Jürgen Bodemeyer, kaufmännischer Geschäftsführer der Radiologie Nordhessen. Er und seine Partner haben den Schritt gewagt; und es nicht bereut. Wir haben mit ihm über ihre Erfahrungen gesprochen.
Redaktion: Herr Bodemeyer, was waren die ausschlaggebenden Gründe, eine MVZ GmbH an Stelle einer GbR zu gründen?
Herr Bodemeyer: Uns ging es in erster Linie um die Bindung der Sitze an die Gesellschaft. Wir wollen keine Abhängigkeit von Personen als Sitzinhaber. Dies beinhaltet immer das Risiko eines Sitzverlustes. Jetzt haben wir eine klare Risikoverteilung bei den Gesellschaftern und eine Entlastung der übrigen Ärzte, die lieber angestellt sein wollen. Zudem können wir eine „Scheinselbständigkeit“ ausschließen. Mit einer GmbH-Geschäftsführung als zentralen Ansprechpartner und wenigen Ärzten haben wir eindeutige Kommunikationsstrukturen mit der KV. Außerdem profitieren wir von mehr unternehmerischer Flexibilität und schnelleren Entscheidungsprozessen.
Redaktion: Gab es abweichende Meinungen zur Rechtsform beziehungsweise zum zu beschreitenden Weg unter den Ärzten?
Herr Bodemeyer: Nach sorgfältiger Prüfung der Alternativen nicht mehr. Wir waren gut beraten und haben offen Vor- und Nachteile kommuniziert. Eine GbR wäre auch möglich gewesen, hätte aber für uns weniger Vorteile.
Redaktion: Welcher war der größte Fehler, den Sie gemacht haben?
Herr Bodemeyer: Retrospektiv hätten wir mehr tun können, um alle Ärzte zum Bleiben zu bewegen. Weil wir uns auf unseren ÜBAG-GbR-Gesellschaftsvertrag verlassen haben, der die Einbringung der Sitze in das MVZ schon vorsah, haben wir das nicht getan. Aber die Regelung hat rechtlich nicht gehalten. Wenn, dann war das unser Fehler. Glücklicherweise haben wir ansonsten ziemlich viel richtig gemacht.
Redaktion: Was waren die größten Erkenntnisse aus dem Projekt „MVZ-Umwandlung“?
Herr Bodemeyer: Die größten Hindernisse stellen komplizierte KV-Regelungen und unsere Bürokratie dar. Beides fordert richtig viel Arbeit und macht die Unterstützung durch Medizinrechtler notwendig. Letztlich haben wir aber auch gute Unterstützung und Kooperation seitens der KVH erfahren.
Redaktion: Thema „zeitlicher Vorlauf und Planungshorizont “: Wer kommt dafür intern wie auch extern infrage und mit welchem Arbeitsaufwand ist zu rechnen?
Herr Bodemeyer: Während der akuten Planungs- und Umsetzungsphase brauchte es einen Ansprechpartner und Vertreter in Teilzeit, bisweilen sogar Vollzeit. Dieser sollte die Organisation, alle Personen, Genehmigungen, Gesellschaft und KV richtig kennen. Während der Antragstellung hat zudem unsere Sekretärin zugearbeitet. Die juristische Unterstützung umfasste zusätzlich etwa 150 bis 200 Stunden.
Redaktion: Ein dreiviertel Jahr MVZ – was hat sich geändert? Gibt es noch Nachwehen?
Herr Bodemeyer: Das MVZ läuft seit Anfang an operativ reibungslos. Im operativen Alltag ändert sich ja auch nichts. Nachwehen sind Kleinigkeiten wie Korrekturen bei Anschreiben und Rechnungen. Viel mehr Aufwand haben wir durch Personalwechsel und neue Ärzte, die wir jetzt auch vertragsärztlich in das MVZ einbinden können und wollen. Die KV-Bürokratie schlägt wieder / weiter zu. Aber das gehört zum normalen Geschäft. Und wir üben, uns in der Zentrale am Telefon mit Rad- Medics zu melden und nicht mehr mit Radiologie Nordhessen, obwohl der alte Name für die einzelnen MVZ weiter besteht.
Redaktion: Herr Bodemeyer, vielen Dank für das Gespräch.
Ihr Ansprechpartner:
Carsten Krüger