Corona, EBM und Terminierung – Schwerpunkte der Juni/Juli-Runden im Netz
Ende Juni, Anfang Juli war die sommerliche Vollversammlungsrunde terminiert. Corona-bedingt wurde erstmals ein gemeinsames Treffen der Netze Rhein-Neckar-Pfalz und Baden Württemberg durchgeführt, an dem man vor Ort in Heidelberg und online per Videokonferenz teilnehmen konnte. Vor allem Letzteres wurde von vielen RadiologInnen genutzt. Gerade diejenigen, die normalerweise lange Fahrtzeiten in Kauf nehmen, um die Kollegen zu treffen, waren froh, sich in den so aufreibenden und herausfordernden Zeiten die An- und Abfahrt sparen und trotzdem dabei sein zu können. Wobei Konsens darüber bestand, dass die Online-Variante eine effiziente und funktionierende Möglichkeit des Informationsaustauschs ist, den persönlichen Kontakt jedoch nicht in vollem Maße ersetzen kann.
Des Weiteren trafen sich die Netze Bayern in Planegg und Köln-Bonn-Aachen in der Mitgliedspraxis Mechernich. Ein Themenschwerpunkt war die EBM-Reform, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Coronakrise. Die Betroffenheit der Praxen und die Maßnahmen der jeweiligen KVen variieren. KV- und Abrechnungsexperte Carsten Krüger hatte im Frühjahr bereits in KV-spezifischen Webinaren über die jeweiligen Auswirkungen der EBM-Reform berichtet. Daher an dieser Stelle nur ein Update aus den Vollversammlungen (Stand Ende Juni/Anfang Juli).
KV-Region Nordrhein
Die besonders betroffenen radiologischen Praxen in der KV-Region Nordrhein können noch mal durchatmen. Im Rahmen der Vollversammlung hatte Herr Krüger auf Basis des KVNO-Schreibens vom 6. Mai an den Radiologienetz-Fachbeirat gemutmaßt, dass der Corona-Schutzschirm der KVNO erst nach den Korrekturen durch den neuen EBM bzw. dessen Umsetzung im Rahmen des Honorarverteilungsmaßstabs greifen würde. Das hätte bedeutet, dass die Praxen zunächst einen deutlichen Verlust durch die geringeren Bewertungen bzw. Fallwerte im RLV/QZV hinnehmen müssen, bevor die KVNO einen weiteren Corona-bedingten 10%igen Verlust gegenüber dem Vorjahresquartal prüft.
Im Juli nun hat die KVNO den HVM mit einer aktuellen Ergänzung um den §10a konkretisiert. Die Praxen mit Fallzahlrückgängen im 2. Quartal (im Vergleich zum Vorjahresquartal), die zu mindestens 10% GKV-Honorarminderung führen, werden einen Ausgleich auch für EBM-bedingte Verluste erhalten. Allerdings: Wer normal weiterarbeiten konnte, muss wahrscheinlich die EBM-bedingten Verluste hinnehmen.
KV-Region Bayern
Der aktuelle HVM der KV Bayern verspricht Stabilität, d.h. feste Anteile je Arztgruppe an der zur Verfügung stehenden Geldmenge. Die geringere Bewertung wird sich evtl. erst 2021 in den QZV niederschlagen, sofern die KVB Änderungen am HVM vornimmt. Durch rigide Fallzahlzuwachsbegrenzungen gehen zusätzliche Leistungsfälle bei Erreichung der Arzt/Praxis-Obergrenze nicht mehr in die Budgetberechnung ein. Auf der GKV-Einnahmenseite bestehen kaum Möglichkeiten einer Gegensteuerung. Auch diesbezüglich ist nicht klar, ob ein neuer HVM zu „mengenfreundlicheren“ Lösungen führt.
Die EBM-Reform belastet die bayerischen Radiologen im Vergleich zu den Kollegen bundesweit wenig. Hier musste ja bereits im 4. Quartal 2019 die drastische KM-Pauschalensenkung verdaut werden, die bisher noch nicht zurückgenommen wurde. Dr. Schricke, der die Aktivitäten der bayerischen Radiologen koordiniert und zwischenzeitlich BDR-Vorstand wurde, hat mit Radiologienetz Kontakt bezüglich des Kontrastmittelgutachtens (Vollkostenrechnung) und des Gutachtens des Münchner Gesundheitsökonomen Professor Neubauer von 2013 aufgenommen. Curagita hatte 2013 das gesundheitsökonomische Gutachten zur Lage der ambulanten Radiologie beauftragt, in dem u.a. die zu geringe Vergütung der technischen Leistungen herausgearbeitet wurde mit der Folge, dass eine reine Kassenradiologie nicht kostendeckend ist. In der Folge wurden in der Destatis-Statistik von 2016 erstmals die kalkulatorischen Eigenkapitalkosten erwähnt. Eine Neuauflage dieses Gutachtens beabsichtigt nun der BDR Bayern. Dazu berichten die Vollversammlungsteilnehmer in Bayern von einer aktuellen Umfrage in ihren Reihen, die als Datenbasis dienen soll.
Die zusätzlichen pandemiebedingten Honorarrückgänge werden in Bayern durch einen KV-Rettungsschirm aufgefangen, wenn sie 10% im Vergleich zum Vorjahresquartal übersteigen. Dazu muss eine Erklärung über die Ursache (Formular über EGV-Ausgleich, auch wenn die Leistungen der Radiologie überwiegend aus der M-GV kommen) vorgelegt werden. Die Ausgleichszahlungen erfolgen dann von Amts wegen (also ohne weitere Antragstellung). Anträge müssen nur gestellt werden, wenn Ausgleichszahlungen für das 1. Quartal beantragt werden.
KV-Region Baden-Württemberg
Die KV Baden-Württemberg versprach bereits im Dezember 2019 Stabilität und versicherte, dass keine Anpassungen der Fachgruppentöpfe und keine Umverteilungen zwischen Facharztgruppen geplant seien. Die zusätzlichen pandemiebedingten Honorarrückgänge werden in Baden-Württemberg durch einen KV-Rettungsschirm aufgefangen, wenn sie 10% im Vergleich zum Vorjahresquartal übersteigen.
KV-Region Rheinland-Pfalz
Bereits im letzten CuraCompact wurde über die Auswirkungen der EBM-Reform und die Netzreaktionen darauf berichtet. In der KV-Region Rheinland-Pfalz führt die EBM-Reform zu Vergütungsrückgängen von 10-11%. Diese Rückgänge werden durch eine sogenannte Honorarklammer gebremst, entfalten sich also erst voll ab dem 2. Quartal 2021. Die einzig mögliche Strategie für Praxen besteht darin, die Leistungsmengen auszuweiten, eventuell zu Lasten des Punktwertes. Im Rahmen des Corona-Schutzschirms werden pandemiebedingte Rückgänge der budgetierten Gesamtvergütung auf maximal 85% des Honorarvolumens des Vorjahresquartals begrenzt.
Alle Regionen
In allen Netzregionen herrschte Anfang Juli noch Unsicherheit, ob etwaige Zahlungen von Kurzarbeitergeld an die Praxen als Arbeitgeber anteilig auf den KV-Rettungsschirm anzurechnen sind. Hier änderten sich die Ansagen regelmäßig. Auch für extrabudgetäre Leistungen (u.a. das MA-Screening) begrenzte der entsprechende Schutzschirm den Honorarrückgang gegenüber dem Vorjahresquartal auf 10%. Allerdings müssen wahrscheinlich die geringeren EBM-Bewertungen gegengerechnet werden, weil Rückgänge durch die EBM-Reform nicht pandemiebedingt sind.
Auch über diese EBM-Themen hinaus wurden in der Vollversammlungsrunde Corona-bedingte Herausforderungen in der Praxis besprochen. Die korrespondierende CuraCompact-Ausgabe 2/2020 fasst die vorbereiteten Inhalte zusammen. Auf den Treffen bestätigten die Teilnehmer, dass sie allesamt wieder auf dem Weg zum Normalbetrieb waren. Viele fanden sich in den Ergebnissen der Netzumfrage zur Coronakrise wieder. Sie teilten auch die Bedenken, die Corona-bedingten Verluste gerade im PKV-Bereich im Restjahr wieder aufholen zu können. Auch tauschten sich die Teilnehmer über ihr Krisenmanagement aus. Kurzarbeit wurde von einigen Praxen als Instrument der Kostensenkung eingesetzt, wobei dies unterschiedlich beurteilt wurde (von hilfreich bis kompliziert und wenig wirksam). Zwei Anfragen im Vorfeld von Mitgliedspraxen wurden beantwortet. Zum einen erläuterte Herr Krüger die Anwendung der Ziffer 245a für erhöhte Hygienemaßnahmen bei Privatpatienten, die zunächst bis 31.7. galt, inzwischen aber bis mindestens 30.9. verlängert wurde. Zum anderen stellte er die korrekte Weitergabe von Sachkosten an Patienten vor dem Hintergrund der Mehrwertsteuersenkung vor. Hier ist der Zeitpunkt des Bezugs ausschlaggebend.
Workshop Terminierung
Anfang des Jahres nahmen 50 Netz- und Conradia-Praxen an einer Befragung zum Thema Terminierung teil. Frau Jugel stellte die Zusammenfassung der Ergebnisse vor (ausführlicher Report auf curacompact.de sowie verschiedene Beiträge rund um das Thema im CuraCompact Ausgabe 1/2020).
Vielleicht aktueller denn je ist in einer radiologischen Praxis mit 90% fixen Kosten die Prozessoptimierung, um vorhandene Ressourcen wirtschaftlich optimal zu nutzen. Ein wichtiger Prozess ist die Terminierung. Hier geht es einerseits darum, Geräte und Personal optimal auszulasten und Leerzeiten zu vermeiden, und andererseits darum, von (lukrativen) Zielgruppen erreicht zu werden. Viele Praxen nutzen die vorhandenen Möglichkeiten schon aus (Clustering, Slots für besondere Zuweiser und Patientengruppen, Überbuchung, Terminerinnerung, attraktives Sprechstundenangebot, Hausarztvermittlungsfälle). Nicht alle Praxen managen den momentan noch wichtigsten Terminierungskanal Telefonie (Erhebung von Kennzahlen wie durchschnittliche Wartezeiten, Abbruchquoten, Dauer pro Telefonat, Ansagetexte für alternative Kontaktmöglichkeiten etc.).
Online-Terminierung ist parallel auf dem Vormarsch. Zwar bieten erst 3% der Befragten ihren Patienten diesen Kommunikationskanal an. 70% sehen jedoch einen hohen Bedeutungszuwachs. Das optimale System scheint es noch nicht zu geben. Problem bei den Systemen, die momentan verfügbar sind, ist die fehlende Schnittstelle zum Kalender im RIS. Außerdem ist im Vorfeld mit einem hohen zeitlichen Projektaufwand zur Vorbereitung (Dokumentation und Standardisierung) zu rechnen. Ein Anbietervergleich (Stand Januar 2020) findet sich auf curacompact.de.
Gerätebeschaffung und -wartung
CuraFuture heißt der neue Rahmenvertrag für Siemens-Wartungsverträge im Radiologienetz. Bereits im CuraCompact 1/2020 wurde hierüber ausführlich informiert. Der CuraFuture ist für Neugeräte in Netzpraxen der Nachfolger des CuraTop und umfasst neben Schnittbildgeräten auch viele weitere kleinere Geräte (Mammo, Röntgen, C-Bogen etc.). Bei Gerätebestellungen lassen sich, falls das Gerät noch in diesem Jahr bestellt, abgenommen und in Rechnung gestellt werden kann, drei Prozent Mehrwertsteuer einsparen.
Ihre Ansprechpartner:
Berufspolitik:
Dr. Johannes Schmidt-Tophoff
Carsten Krüger
Organisation Vollversammlungen:
Eva Jugel