Ada Health: Jetzt testen Ärzte die App in der Notaufnahme
Im CuraCompact Heft 3/2018 stellten wir die Gesundheits-App Ada vor. Ende 2018 ging die Techniker Krankenkasse eine Kooperation mit dem Berliner Unternehmen „Ada Health“ ein. Die TK vermittelte im Rahmen dieses Deals medizinische Versorgungsleistungen an ihre eigenen Vertragsärzte und schloss damit andere Ärzte aus. Das schlug heftige Wellen der Kritik bei Ärzten und Verbänden. Dennoch soll der über die App bereitgestellte Symptomcheck nun nicht nur Patienten dabei unterstützen, Krankheitssymptome mittels Künstlicher Intelligenz (KI) richtig einzuordnen, sondern auch Ärzten in der Notfallambulanz zur Hand gehen.
Bereits 2018 kündigten die Unikliniken Essen und Gießen/Marburg an, in einer Studie prüfen zu wollen, ob der Einsatz der Gesundheits-App Ada DX zu mehr Effizienz im Management von Patienten in der Notaufnahme führen könnte. Die Studie sieht vor, dass die Patienten ihre Beschwerden und Anamnese nach dem Eintreffen in der Notaufnahme direkt in der App hinterlegen. Das digitale System erstellt mittels hinterlegter KI aus den Patienteneingaben eine erste Prognose, um welche Erkrankung es sich handeln könnte. Die Ärzte der Notaufnahme verwenden die Ergebnisse in der Befundung als Orientierung oder „Zweitmeinung“, welche insbesondere bei seltenen Erkrankungen Unterstützung geben soll. Könnten somit in Zukunft Anfragen für Zweitmeinungen wegfallen?
Mit Spannung werden erste Ergebnisse und Erfahrungsberichte erwartet.
Die behandelnden Ärzte können ganz genau nachvollziehen, welche Fragen und Antworten die App gestellt und in der Diagnose berücksichtigt hat. Befürchtungen, dass der Arzt irgendwann ausgedient hat, teilt TK-Chef Jens Baas nicht. Er sieht die medizinische Hoheit der Ärzte nicht gefährdet: „Wir werden immer Menschen brauchen, die die Daten deuten und die Empathie besitzen, daraus die richtige Therapie für den einzelnen Patienten abzuleiten. Ich bin sicher, dass es in zehn Jahren gar nicht mehr erlaubt sein wird, Diagnosen zu stellen, ohne ein digitales Expertensystem zu nutzen.“ Das ließ er am 28.11.2018 über die Presse mitteilen.
Ada DX punktet, weil die KI mit jedem Fall ihre Genauigkeit verbessert. Bis heute sind bereits mehr als 4,5 Millionen Fälle im System registriert. Kritikern reicht diese Quote als Qualitätsanzeiger allerdings nicht aus. Sie betonen: Auch eine KI könne sich irren.
Derweil nehmen auch andere Fachärzte KI-gestützte bildgebende Verfahren unter die Lupe. Im März dieses Jahres berichtete das Orphanet Journal of Rare Diseases von einer Testreihe, in welcher Ada DX sehr gute Ergebnisse zeigte. Es wurde getestet, ob probabilistische diagnostische Entscheidungsunterstützungssysteme das Potenzial besitzen, die Diagnose seltener Krankheiten zu beschleunigen, indem sie Differenzialdiagnosen für Ärzte vorschlagen, die auf Fallinformationen und integriertem medizinischem Wissen basieren. Einfach gesagt: Kann eine KI früher erkennen, welche Erkrankung bei Patienten vorliegt als der Arzt selber? Und – der zweite Aspekt – wie hoch liegt die Wahrscheinlichkeit einer zutreffenden Diagnose im Zeitverlauf? Ada DX erstellte in 53,8 Prozent der Fälle medizinische Diagnosen zu einem früheren Zeitpunkt als die Ärzte und traf gleichzeitig in 37,6 Prozent der Fälle präzisere Aussagen über die Erkrankung als die menschlichen Kollegen. Bei der Testreihe handelte es sich um einen Wilcoxon-Rang-Test.
Quelle: Orphanet Journal of Rare Diseases,
https://ojrd.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13023-019-1040-6