Zweitmeinungsverfahren – Richtlinie des G-BA in Kraft getreten
Die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über die Konkretisierung des Anspruchs auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung (Zm-RL) ist am 8. Dezember 2018 in Kraft getreten. Der ergänzte Bewertungsausschuss hat die erforderlichen Vergütungsregelungen mit Wirkung ab 1. Januar 2019 getroffen. Die wichtigsten Punkte der Richtlinie des G-BA:
• Als Zweitmeinung im Sinne der Richtlinie wird eine unabhängige, neutrale ärztliche zweite Meinung bei einem Leistungserbringer nach § 27b Absatz 3 SGB V zu den in den Zm-RL benannten planbaren Eingriffen verstanden. Gegenstand des Zweitmeinungsverfahrens ist damit zunächst nur die Indikationsstellung zur Tonsillektomie und zur Uterusextirpation.
• Die Erbringung einer Zweitmeinung umfasst neben der eigenständigen Bewertung und Beratung des Versicherten ärztliche Untersuchungsleistungen, sofern sie zur Befunderhebung und Überprüfung der Indikationsstellung zu dem vorgesehenen Eingriff medizinisch erforderlich sind. Im Rahmen der Indikationsstellung bereits erhobene Befunde sind zu berücksichtigen, soweit sie von der Patientin oder dem Patienten dem Zweitmeiner zur Verfügung gestellt wurden.
• Die indikationsstellende Ärztin oder der indikationsstellende Arzt muss die Patientin oder den Patienten über das Recht, eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung ein-holen zu können, aufklären. Die Aufklärung muss mündlich und verständlich erfolgen. Die Aufklärung über das Recht zur Einholung einer Zweitmeinung hat in der Regel mindestens zehn Tage vor dem geplanten Eingriff zu erfolgen, in jedem Fall aber so rechtzeitig, dass die Patientin oder der Patient die Entscheidung über die Einholung einer Zweitmeinung wohlüberlegt treffen kann.
• Zur Erbringung einer Zweitmeinung nach dieser Richtlinie sind zur Leistungserbringung zugelassene oder ermächtigte Ärztinnen und Ärzte, nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärztinnen und Ärzte, die nur zu diesem Zweck an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder an ermächtigten Einrichtungen, zugelassenen medizinischen Versorgungszentren oder zugelassenen Krankenhäusern tätige Ärztinnen und Ärzte berechtigt. Voraussetzung ist, dass die geforderte besondere Qualifikation gegenüber der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) durch geeignete Bescheinigungen nachgewiesen wurde, ihrer Tätigkeit kein Hinderungsgrund entgegensteht und sie daraufhin eine von der Kassenärztlichen Vereinigung er- teilte Genehmigung zur Durchführung der Abrechnung von Zweitmeinungsleistungen erhalten haben.
• Die Anforderungen an die besondere Qualifikation erfordern eine langjährige fachärztliche Tätigkeit in einem Fachgebiet, das für den jeweiligen im Besonderen Teil dieser Richtlinie aufgeführten Eingriff maßgeblich ist. Diese Anforderung setzt voraus: die Anerkennung einer Facharztbezeichnung in dem für den jeweiligen Eingriff festgelegten Gebiet und eine mindestens fünfjährige ganztägige Tätigkeit, vom Umfang her entsprechende Teilzeittätigkeit oder in Kombination aus ganztägiger Tätigkeit und Teilzeittätigkeit in einem Bereich der unmittelbaren Patientenversorgung in dem für den jeweiligen Eingriff im genannten Gebiet nach Anerkennung der maßgeblichen Facharztbezeichnung.
• Die Anforderungen an die besondere Qualifikation setzen zudem Kenntnisse über den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung zur jeweiligen Diagnostik und Therapie einschließlich Therapiealternativen vor- aus, die für die aufgeführten planbaren Eingriffe maßgeblich sind. In der Zm-RL werden die Voraussetzungen für die Erfüllung dieser Anforderungen konkretisiert.
Die Vergütungsregelungen im Überblick:
Für die Aufklärung und Beratung im Zusammenhang mit einem ärztlichen Zweitmeinungsverfahren wird zum 1. Januar 2019 die Gebührenordnungsposition (GOP) 01645 in den EBM-Abschnitt 1.6 aufgenommen. Sie kann vom indikationsstellenden Arzt einmal im Krankheitsfall (vier Quartale) abgerechnet werden und ist mit 75 Punkten (8,12 Euro) bewertet. Die Vergütung erfolgt extrabudgetär – befristet bis Ende 2021. Die Leistung beinhaltet auch die Zusammenstellung aller erforderlichen Unterlagen für den Patienten. Der Arzt, der die Zweitmeinung abgibt, rechnet für den Patienten seine jeweilige arztgruppenspezifische Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale ab. Die Vergütung erfolgt ebenfalls befristet bis Ende 2021 extrabudgetär. Sind für seine Beurteilung ergänzende Untersuchungen notwendig, kann er diese ebenfalls durchführen beziehungsweise veranlassen, muss sie aber medizinisch begründen. Diese Leistungen bekommt er bis Ende des Jahres 2021 ebenfalls extrabudgetär vergütet. Die Zweitmeinung umfasst die Durchsicht vorliegender Befunde des behandelnden Arztes und ein Anamnesegespräch. Hinzu kommen ärztliche Untersuchungen, sofern sie zur Befunderhebung und Überprüfung der Indikationsstellung zwingend erforderlich sind.