Zweitmeinungsverfahren

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 21. September 2017 die Erstfassung einer Richtlinie zum Zweitmeinungsverfahren (Zm-RL) beschlossen. Zum Start sollen die GKV-Versicherten bei Mandeloperationen und Gebärmutterentfernungen einen Rechtsanspruch auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung erhalten. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat im Rahmen seiner aufsichtsrechtlichen Prüfung den Beschluss des G-BA allerdings zunächst nicht bestätigt, sondern ergänzenden Erläuterungsbedarf angemeldet.

Der G-BA hat die Fragen des BMG mit einer ausführlichen Stellungnahme beantwortet. Die zentrale Frage der Aufsichtsbehörde war, auf welcher Grundlage soll die Zweitmeinung erfolgen, wenn der Patient oder die Patientin dem Zweitmeiner gar keine Befundunterlagen vorlegt, eine Anamnese und die körperliche Untersuchung für eine Bestätigung oder Nichtbestätigung der Indikationsstellung aber nicht ausreichen? Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Patient oder die Patientin gesetzlich nicht verpflichtet sei, sich Abschriften der Befundunterlagen aushändigen zu lassen.

Dazu die wesentlichen Argumente des G-BA:

„Die Zweitmeinung im Sinne des § 27b SGBV besteht in dem Einholen einer zweiten ärztlichen Meinung, nachdem ein Arzt eine Indikation für einen planbaren operativen Eingriff gestellt hat. Für die Indikationsstellung müssen Befundunterlagen erstellt und genutzt worden sein, die nunmehr dem zweiten Arzt vorgelegt werden, damit dieser sich auf Grundlage der Befundunterlagen eine unabhängige Meinung bilden kann, die er dem Patienten mitteilt.

Nach dem Verständnis des G-BA ist Inhalt der Zweitmeinung also gerade die Überprüfung und Bewertung der Indikationsstellung durch den indikationsstellenden Arzt im Sinne von § 6 Zm-RL. Es handelt sich dabei um eine Überprüfung der vorangegangenen Indikationsstellung und nicht um eine Wiederholung der Indikationsstellung mit erneuter Erhebung aller Befunde. Für den Fall, dass ein Versicherter ohne jegliche Befundunterlagen eine Zweitmeinung beansprucht, kann der Zweitmeiner die Indikationsstellung weder nachvollziehen noch bestätigen. Die Abgabe einer Zweitmeinung kann demzufolge nur erfolgen, wenn die Befundunterlagen vorgelegt werden, die zur Indikationsstellung für den Eingriff geführt haben. Weiterführende bildgebende oder invasive diagnostische Untersuchungen sind nicht Bestandteil der Zweitmeinung. …“

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Dieser Artikel stammt vom Leo Schütze Verlag, Herausgeber des „Schütze-Briefs“. Curagita übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit dieser Informationen.

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