„Wir Radiologen sollten uns mehr in den Behandlungspfad einmischen!“

Seit Anfang des Jahres ist PD Dr. Matthias Röthke bei der Conradia. Gemeinsam mit den Radiologen PD Dr. Marc Kalinowski und Dr. Jens Knüppelholz sowie dem kaufmännischen Geschäftsführer Axel Grundmann bildet er die Geschäftsführung des Hamburger DeRaG-MVZ. Der Radiologe und Diplom-Kaufmann kommt aus dem wissenschaftlichen Bereich – er war zuletzt leitender Oberarzt am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg.

Redaktion: Herr Dr. Röthke, wie würden Sie ihr erstes halbes Jahr bei der Conradia in drei Schlagworten beschreiben?

Dr. Röthke: Intensiv – anstrengend – hat trotzdem Spaß gemacht.

Redaktion: Wie war die Landung auf dem „harten Boden“ der Niederlassung nach dem Sprung aus dem Elfenbeinturm?

Dr. Röthke: Ich muss sagen, dass das eine komplett neue und spannende Herausforderung war. Zunächst sind da die Managementaufgaben einer großen Praxis: Gleich nach meinem Einstieg haben wir mit der neu formierten Geschäftsführung einen Geschäftsplan ausgearbeitet und verabschiedet. Nun sind wir dabei diesen umzusetzen. Dann muss man natürlich die ganzen Besonderheiten bei der Abrechnung kennenlernen, da gibt es ja in jeder KV-Region andere Regelungen. Also auch eine Menge Neuland, das einem unterkommt. Und dann ist die Schlagzahl in einer Praxis natürlich deutlich höher als in einer Forschungsinstitution wie dem DKFZ. Hier geht es unter anderem um Befunde pro Stunde, das macht die Leistungsverdichtung und den ökonomischen Druck, unter dem man arbeitet, deutlich. Was mir den Einstieg sicher erleichtert hat, war, dass ich schon Einblick in den niedergelassenen Bereich hatte. Ich habe vor der Conradia sechs Monate bei Dr. Sattler in Ludwigshafen in der Nuklearmedizin für die Fachkunde NUK gearbeitet und hatte somit schon eine Idee, was mich erwartet. Aber natürlich ist ein großes MVZ mit sieben Standorten in Hamburg nochmal eine andere Nummer.

Redaktion: Wo setzen Sie Ihre Schwerpunkte in der Praxis?

Dr. Röthke: Was ich als sehr wichtig erachte, ist der Kontakt zu den Zuweisern. Die stehen ja unter dem gleichen ökonomischen Druck wie wir. Und da entwickelt sich dann doch oft ein zwar kurzer, knackiger, aber guter Dialog. Ich denke ohnehin, dass wir Radiologen uns auf jeden Fall mehr einmischen und mit unserer Diagnose mehr Einfluss auf den Behandlungspfad nehmen sollten, sonst sind wir am Ende außen vor. Aber die fachliche Unterstützung ist ein Mehrwert, der auf der Gegenseite auch geschätzt wird. Auf diese Weise können wir echte Bindungen schaffen. Sehr gut unterstützt wird das aus meiner Sicht von unserem Zuweisermanagement-Tool CuraZum. Das macht auf einen Blick sichtbar, wie sich das Zuweisungsverhalten entwickelt, und es gibt klare Hinweise, welche medizinischen Schwerpunkte wir im Portfolio setzen müssen. Da wird vor allem die muskuloskelettale und die neurologische Bildgebung nachgefragt. Und erfreulicherweise bekommen wir immer mehr Zuweisungen für Prostata-MRTs.

Redaktion: Für letzteres bringen Sie ja eine besondere Expertise mit in die Conradia. Viele Netzradiologen haben Sie ja als DKFZ-Experten im Versorgungsprogramm RaDiagnostiX - Prostata kennengelernt.

Dr. Röthke: Ich engagiere mich nach wie vor im Expertenrat für RaDiagnostiX und natürlich setzen wir das hier bei Conradia um. So erlebe ich das Versor ungsprogramm nun aus der Niedergelassenen-Sicht. Ehrlich gesagt, erkenne ich jetzt einige der Schwierigkeiten, die es in der Umsetzung gibt und die ich vielleicht früher unterschätzt habe. Es ist ein hartes Stück Arbeit, die Urologen hier in Hamburg zur Teilnahme zu bewegen. Da müssen wir hartnäckig Überzeugungsarbeit leisten, Aufklärung betreiben und Fortbildungen anbieten. Immerhin steigt erfreulicherweise die Zahl der Prostata-Untersuchungen stetig. Interessanterweise kommen die Patienten gar nicht alle aus Hamburg, sondern teilweise aus den umliegenden Bundesländern und nehmen einen längeren Anfahrtsweg in Kauf. Im Kreise der Prostata-Experten in der Stadt bin ich gut aufgenommen worden, wir konnten beispielsweise schon sehr gute Kontakte zur Martini-Klinik knüpfen und auch mit den Kollegen vom UKE stehen wir im Austausch. Dabei hat mir beim Einstieg meine Arbeit in der Fachgesellschaft und in den entsprechenden DRG-Arbeitsgemeinschaften geholfen.

Redaktion: Auch als Geschäftsführer der Conradia sind Sie angestellter Arzt, so wie auch ihre 19 ärztlichen Kollegen. Wie steht es denn mit unternehmerischem Denken und Motivation bei einer solchen Konstellation?

Dr. Röthke: Über die DeRaG besteht doch die Möglichkeit einer übergeordneten Unternehmensbeteiligung für die mehr unternehmerisch motivierten Ärzte. Ich habe das Gefühl, dass der Erwerb von Unternehmensanteilen grundsätzlich einer stärkeren inneren Beteiligung und damit auch der Motivation zuträglich ist. Vielleicht nicht bei jedem gleichermaßen, aber für mich selbst kann ich das schon bestätigen. Man ist durch die eigene Arbeit direkt am Unternehmenserfolg beteiligt. Das geht über eine reine Angestellten-Attitüde hinaus.

Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch.