Unklare Leberraumforderung und Fieber nach Türkei-Aufenthalt
Der Internist, Vol.58, Mai 2017, S.503-506, J. Müller et al., Ludwigsburg
Der große Leberegel (Fasciola hepatica) wird durch einen hohen Antikörpertiter diagnostiziert. Er gehört zu den hermaphroditischen Trematoden (Saugwürmer). Endwirte sind Schafe und Rinder, die aus Wasserpflanzen die Metazerkarien aufnehmen. Die Eier werden über den Stuhl ausgeschieden und entwickeln sich zu Wimpernlarven, die Wasserschnecken penetrieren, wo sie zu Zerkarien reifen. Diese verlassen die Schnecke, setzen sich auf Wasserpflanzen, wo sie sich zu den infektiösen Metazerkarien entwickeln, und werden vom Menschen durch die Nahrung aufgenommen.
Fallbeschreibung: Eine 76-jährige gebürtige Türkin, die seit mehreren Jahren in Deutschland lebt, klagte über seit Wochen anhaltende Abgeschlagenheit, Fieberschübe, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust. Es zeigte sich eine Leukozytose (11.000) und ein CRP-Wert von 73 mg/dl. Sonografisch konnte im rechten Leberlappen eine inhomogene Raumforderung nachgewiesen werden. Im CT zeigte sich eine polylobulierte Raumforderung. Da ein Malignom nicht auszuschließen war, erfolgte eine Punktion, die patho-histologisch eine granulozytäre und lymphozytäre Entzündungsreaktion zeigte, aber keine malignen Zellen. Auffallend war eine Eosinophilie von 20%. Dazu zeigte sich ein hoher Antikörpertiter gegen Fasciola hepatica. Nachträglich gab die Patientin an, vor sechs Monaten im Südosten der Türkei gewesen zu sein und dort vom lokalen Markt Brunnenkresse (wahrscheinliche Infektionsquelle) gegessen zu haben.
Die Behandlung erfolgte durch zweimalige Gabe (in dreimonatigem Abstand) des Anthelminthikums Triclabendazol (aus der Schweiz importiert) mit 10 mg/kg Körpergewicht. Danach ergaben sich normale Blutwerte. Der Leberbefund war sonographisch besser abgrenzbar und kleiner geworden.
Fasciola hepatika gehört zu den hermaphroditischen Trematoden. Endwirte sind pflanzenfressende Nutztiere, die das Entwicklungsstadium der Metazerkarien aus Wasserpflanzen aufnehmen. Im Duodenum schlüpfen die Würmer aus der Zystenhülle, durch-wandern die Darmwand und die Leberkapsel und entwickeln sich in den Gallengängen über drei bis vier Monate zu Egeln in einer Größe von ca. 5×2 cm. Sie haben eine Lebensdauer von bis zu 20 Jahren. Die Eier werden über den Stuhl ausgeschieden. Im Wasser entwickeln sich hieraus Mirazidien (Wimpernlarven), die die Haut von Wasserschnecken perforieren und zu Zerkarien reifen. Diese verlassen die Schnecke und lassen sich auf Wasserpflanzen nieder, wo sie sich zu den infektiösen Metazerkarien entwickeln.
Diese Wurminfektion wurde weltweit durch Viehexporte verbreitet und ist in Zentral- und Südamerika, im mittleren Osten, in Frankreich, Spanien und Portugal sowie im Nildelta endemisch. Weltweit schätzt man eine Erkrankungszahl von 2,4-17 Millionen Menschen.
Die akute Phase des Leberegelbefalls kann 6-12 Wochen nach Aufnahme der Metazerkarien zu rechtsseitigen Oberbauchschmerzen, Lebervergrößerung und Fieber führen. Die chronische Phase beginnt mehrere Monate bis Jahre nach der Infektion und verläuft oft asymptomatisch. Später kann es zur Cholangitis, zu Leberabszessen oder Pankreatitiden kommen. Der Nachweis von Antikörpern ist in über 90% der Fälle möglich, mit einer Spezifität von über 80%.
Therapie der Wahl ist das Medikament Triclabendazol, das nach zweimaliger Gabe eine Heilungsrate von nahezu 100% zeigt.
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Wir danken unserem Ehrenmitglied Prof. Dr. U. Klein aus München, der Ihnen die Veröffentlichungen aus den Fachzeitschriften auswählt und zusammenfassend erläutert.