Überblick über die Gesundheitspolitik im Herbst/Winter 2019
In der Gesundheitspolitik werden im Herbst/Winter 2019 drei Reformvorhaben der Bundesregierung eine wichtige Rolle spielen. Hierzu folgend ein kurzer Überblick:
Das Digitale-Versorgung-Gesetz
Der Deutsche Bundestag hat am 27. September 2019 in erster Lesung den Entwurf der Bundesregierung zu einem „Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation“ (Digitale-Versorgung-Gesetz) in erster Lesung beraten und anschließend an den federführenden Gesundheitsausschuss überwiesen. Bei den parlamentarischen Beratungen wird es nicht zuletzt um die Regelungen der Voraussetzungen für die Kostenübernahme der digitalen Gesundheitsanwendungen (Stichwort „App auf Rezept“) durch die gesetzlichen Krankenkassen gehen. Die Prüfung und Entscheidung über die Zulassungen der digitalen Anwendungen soll nach dem Gesetzentwurf das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) treffen. In der Stellungnahme gegenüber dem Bundesrat hat die Bundesregierung den Vorschlag zur Einrichtung einer neuen „unabhängigen Institution“, die die Aufgaben des BfArM nach § 139e SGB V-E wahrnehmen soll, als weder fachlich geboten noch als wirtschaftlich sinnvoll abgelehnt. Die Bundesregierung gewährleiste die ausreichende personelle Ausstattung des BfArM zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben. Aufgrund seiner Tätigkeit im Bereich des Medizinprodukterechts, der klinischen Prüfungen und Vorarbeiten zum Thema „Medical Apps“ bestehe beim BfArM hinreichende fachliche Expertise, die eine zügige Einrichtung der Verfahren und dadurch zugleich eine rasche Implementierung von digitalen Gesundheitsanwendungen im Versorgungsalltag gewährleiste.
Das MDK-Reformgesetz
Der Deutsche Bundestag hat am 26. September 2019 auch den Entwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz) in erster Lesung beraten und an den federführenden Gesundheitsausschuss überwiesen. Das vorliegende Gesetz zielt insbesondere auf die Stärkung der Medizinischen Dienste der gesetzlichen Krankenkassen und die Gewährleistung ihrer Unabhängigkeit ab. Kontrovers werden in der Öffentlichkeit die geplanten Regelungen zur Neuordnung der Prüfung von Krankenhausabrechnungen diskutiert.
Die Unabhängigkeit der Medizinischen Dienste soll mit diesem Gesetz gestärkt und ihre Aufgabenwahrnehmung vereinheitlicht werden. Die MD würden künftig keine Arbeitsgemeinschaften der Krankenkassen mehr darstellen, sondern unter Beibehaltung der föderalen Struktur einheitlich als eigenständige Körperschaften des öffentlichen Rechts unter der Bezeichnung „MD“ geführt. Auch die Besetzung der Verwaltungsräte als maßgebliche Entscheidungsgremien der MD soll neu geregelt werden: Künftig werden auch Vertreter der Patientinnen und Patienten, der Pflegebedürftigen, der Verbraucherinnen und Verbraucher, der Ärzteschaft und der Pflegeberufe im Verwaltungsrat vertreten sein. Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen wird vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen organisatorisch gelöst und künftig als Körperschaft des öffentlichen Rechts unter der Bezeichnung Medizinischer Dienst Bund (MD Bund) geführt. Der Gesetzentwurf sieht außerdem Anreize für eine regelkonforme Abrechnung von Krankenhausleistungen und eine Verbesserung der Effizienz und Effektivität der Krankenhausabrechnungsprüfung vor.
Gesetz für einen fairen Kassenwettbewerb
Im Mittelpunkt der gesundheitspolitischen Diskussion im Herbst/Winter 2019/2020 dürfte das Gesetz für einen fairen Kassenwettbewerb in der GKV (GKV-FKG) stehen. Das Bundeskabinett hat dazu am 9. Oktober 2019 – nach einem längeren Abstimmungsprozess – einen Gesetzentwurf der Bundesregierung beschlossen. Die zentralen Regelungen des GKV-FKG im Überblick:
Reform des Morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA)
Regionale Über- und Unterdeckungen im Finanzausgleich sollen abgebaut und somit gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Krankenkassen geschaffen werden. Zudem soll durch die Einführung einer Regionalkomponente der Marktkonzentration einzelner Kassen entgegengewirkt werden. Künftig soll zudem das gesamte Krankheitsspektrum (statt bisher 50 bis 80 Krankheiten) im Morbi-RSA berücksichtigt werden. Hochkostenfälle sollen durch einen „Risikopool“ abgefedert werden. Die Präventionsorientierung im Morbi-RSA soll durch eine Vorsorge-Pauschale gestärkt werden. Eine „Manipulationsbremse“ soll sicherstellen, dass sich eine sogenannte „Kodierbeeinflussung“ künftig nicht mehr lohnt. Vereinbarungen mit den gesetzlichen Krankenkassen, die bestimmte Diagnosen als Voraussetzung für Vergütungen vorsehen, sollen künftig unzulässig sein.
Neue Haftungs- und Wettbewerbsregeln
Verwerfungen im Wettbewerb, die durch die historisch entstandenen Haftungsregelungen verursacht sind, sollen beseitigt werden. Aktuell stehen bei der Auflösung, Schließung oder Insolvenz einer Kasse zuerst die anderen Krankenkassen der gleichen Kassenart in der Verantwortung. Künftig soll die finanzielle Last unter allen gesetzlichen Krankenkassen verteilt werden. Die Verhaltensregeln für den Wettbewerb und insbesondere für Werbemaßnahmen sollen klarer und verbindlicher definiert werden. Auch die Unterlassungsansprüche und Rechtsschutzmöglichkeiten der Krankenkassen untereinander bei wettbewerbswidrigem Verhalten sollen ausgeweitet werden.
Neue Strukturen des GKV-Spitzenverbandes
Um eine „engere und transparentere Anbindung an das operative Geschäft der Krankenkassen zu unterstützen“, soll ein neuer Lenkungs- und Koordinierungsausschuss beim GKV-Spitzenverband geschaffen werden, der mit Vorstandsmitgliedern der Krankenkassen besetzt ist. Künftig soll es zudem eine Frauenquote in den Entscheidungsgremien geben.
Koordinierung der staatlichen Aufsicht im Bund und in den Ländern
Die bisher geltenden Rahmenbedingungen für den Erfahrungs- und Meinungsaustausch der Aufsichtsbehörden der gesetzlichen Krankenkassen sollen konkretisiert werden, um Transparenz, Abstimmung und Kooperation zwischen den Aufsichtsbehörden auf Bundes- und Landesebene zu stärken.
Meldungen aus der Gesundheitspolitik
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Carsten Krüger