U-Frakturen des Os sacrum – wie therapiert man richtig?

Unfallchirurg, Vol. 123, Juli 2020, DOI: 10.1007/s00113-020-00842-2

I. Schubert et al., Bamberg, Leipzig

U-Frakturen des Sakrums sind seltene, aber schwere Verletzungen, die wegen einer vertebro-pelvinen Dissoziation hochgradig instabil sein können mit entsprechenden neurologischen Defiziten. Anhand von drei Fällen zeigen CT- und MRT-Untersuchungen neben den Sakrumfrakturen, die in drei Kategorien eingeteilt werden, auch eventuelle Begleitverletzungen. Standardtherapie sind stabilisierende Operationen, die in der Regel erfolgreich sind.

Sakrum-Frakturen mit vertebro-pelviner Dissoziation und dadurch bedingter hochgradiger Instabilität (wegen des Frakturverlaufs auch U-Frakturen genannt) sind sehr selten. Häufigste Ursachen sind Stürze aus großer Höhe und Verkehrsunfälle. U-Frakturen wurden erstmals 1984 von Roy-Camille et al. beschrieben und in drei Kategorien eingeteilt. Typ I: Nicht-dislozierte Flexionsfraktur; Typ II: Kyphosierende Flexionsfraktur mit Dislokation des proximalen Anteils nach posterior; Typ III: Extensionsfraktur mit Verschiebung des proximalen Anteils nach anterior-inferior vor das untere Fragment. 

Neurologische Begleitverletzungen (bis zu 80% der Fälle) umfassen isolierte Nervenwurzel-, Plexus- und Cauda-equina-Läsionen mit senso-motorischen Defiziten (z.B. Blasen-Mastdarmstörungen). Standard-Therapie ist die stabilisierende operative Versorgung. Die Problematik dieser Frakturen wird anhand von drei Fällen dargestellt.

Fall 1: Eine 18-jährige Frau kollidierte in ihrem PKW mit einem Traktor. Klinisch bestand ein Druckschmerz über dem Sakrum, und es zeigte sich ein neurologisches Defizit mit einem sensiblen Ausfall ab Dermatom der L1/2-Nervenwurzel beiderseits und einer Fußheberparese links. Die CT zeigte eine U-Fraktur des Sakrums Typ II, die mittels Schanzschraube reponiert wurde mit röntgenologisch gutem Ergebnis. Wegen einer postoperativ verbliebenen Spinalkanal-Stenose mit neurologischen Ausfällen wurde zur Dekompression eine Laminektomie durchgeführt. Nach 11 Monaten war die Patientin beschwerdefrei.

Fall 2: Eine 76-jährige Patientin erlitt nach einem Treppensturz eine U-Fraktur Typ I ohne neurologische Befunde. Bei der Röntgen- und CT-Darstellung ergab sich zunächst eine nicht-dislozierte Längsfraktur SWK1/SWK2 links sowie eine nicht-dislozierte Os-pubis-Fraktur rechts. Nach fünf Tagen zeigten sich im CT und im MRT zunehmend dislozierte Frakturspalten im Sakrum (Typ II) und im Os pubis. 25 Tage nach dem Unfall erfolgte die stabilisierende OP. Nach 6,5 Monaten ergab die CT-Kontrolle eine abgeschlossene Frakturheilung. Die Patientin war beschwerdefrei.

Fall 3: Ein 24-jähriger Patient prallte mit seinem PKW gegen einen Baum. Klinisch bestand eine Blasenentleerungs-Störung und eine Stuhl-Inkontinenz. Im CT und MRT des Beckens zeigte sich bei SWK2 eine transforaminale Ausbruchfraktur (Typ II) mit subtotaler Spinalkanal-Stenose. Es folgte die operative Stabilisationsoperation sowie eine Laminektomie in Höhe S1/S2. Nach 10 Monaten war der Patient beschwerdefrei.

Zusammenfassend müssen die seltenen U-Frakturen des Sakrums mit oder ohne vertebro-pelviner Dissoziation mittels CT und/oder MRT diagnostiziert werden, um eine optimale Stabilisationsoperation herbeiführen zu können.


Wir danken unserem Ehrenmitglied
Prof. Dr. U. Klein
aus München, der Ihnen die
Veröffentlichungen aus den
Fachzeitschriften auswählt
und zusammenfassend
erläutert.