Thyroid cancer screening after nuclear accidents
JAMA Otolaryngology-Head and Neck Surgery, Vol. 145, Januar 2019, S. 79-80
L.G.T. Morris, New York
Ein Zusammenhang zwischen ionisierender Strahlung nach einem nuklearen Unfall und Schilddrüsenkrebs ist nachgewiesen. Das Risiko für ein SD-Karzinom ist abhängig vom Expositionsalter. Dieses beträgt bei einem Alter von 10 bis 14 Jahren 20 % des Wertes bei Kindern unter fünf Jahren, und bei einer Exposition von Personen über 20 Jahren konnte kein dosisabhängiges Verhältnis mehr festgestellt werden. Die Autoren meinen, dass ein SD-Screening deswegen nicht notwendig sei, da es mehr Schaden als Nutzen bringe.
Eine Expertengruppe der „International Agency for Research on Cancer“ (IARC) ist gegen das SD-Screening nach einem Nuklear-Unfall, weil der Nutzen den Schaden überwiege. Das Screening führe zu einer Überdiagnostik und würde die Ergebnisse für die strahleninduzierten SD-Karzinome nicht verbessern. Die Experten geben zu bedenken, dass Risikopatienten besser einem Langzeit-Beobachtungsprogramm zugeführt werden sollten. Risikopatienten sind solche, die entweder in utero oder während der Kinder- bzw. Jugendzeit exponiert wurden.
Ein Zusammenhang zwischen ionisierender Strahlung und SD-Krebs nach einem nuklearen Unfall ist erwiesen (Tschernobyl 1986, Fukushima 2011), da radioaktives Jod einen Risikofaktor für ein SD-Karzinom darstellt. Dieses Risiko ist assoziiert mit der Strahlendosis auf die Schilddrüse, die ab 100 mGy messbar ist, wobei es keine Schwellendosis gibt. Das SD-Karzinom-Risiko nimmt mit zunehmendem Alter ab. So beträgt das Risiko für ein SD-Karzinom, wenn die Exposition zwischen dem 10. und 14. Lebensjahr geschieht, nur 20 % des Wertes bei Kindern bis zu fünf Jahren. Bei exponierten Personen über 20 Jahre konnte kein dosisabhängiges Verhältnis festgestellt werden. Der Malignitätsgrad war ebenso günstig wie bei Patienten mit spontanem SD-Karzinom, mit Rezidivraten von unter 1 %.
Es gibt eine hohe Prävalenz von subklinischen SD-Karzinomen bei gesunden Personen, und das Screening würde eine Überdiagnostik bedeuten, ohne die eine Erkrankung möglicherweise klinisch gar nicht in Erscheinung treten würde. In Südkorea z.B. hat eine Ultraschall-Untersuchung bei asymptomatischen Patienten eine hohe Inzidenz von SD-Karzinomen ergeben. Dadurch kam es zu medizinischen Interventionen (OP, Radiotherapie) mit allen zugehörigen Komplikationen.
So schlägt die IARC-Expertengruppe vor, die Überdiagnostik und den damit verbundenen Stress zu reduzieren, weil die Patienten keinen Nutzen von der frühen Diagnose auf ein SD-Karzinom hätten, da dieses möglicherweise klinisch gar nicht in Erscheinung träte. Sie könnten besser behandelt werden, wenn eine Therapie später erfolgen würde. Ein organisiertes Vorsorgeprogramm für Menschen mit hohem Risiko hätte den größten Nutzen. Andererseits gibt es aber auch keine Möglichkeit vorauszusagen, welches durch Screening entdeckte SD-Karzinom fortschreiten würde und welches nicht.