Schussverletzung der Niere – Fallbericht einer Einsatzverletzung

Wehrmedizinische Monatsschrift, Vol.61, August 2017, S.201-206, N. Sanatgar et al., Hamburg

Nach traumatischen Nierenverletzungen (diese werden in fünf Schweregrade eingeteilt) sind diagnostisch die Sonographie, die CT und eventuell die retrograde Pyelographie einzusetzen. Danach sollte möglichst konservativ behandelt werden. Nach Schussverletzung ist zusätzlich eine Antibiotika-Therapie erforderlich.

Die häufigsten Verletzungen im genito-urethralen System werden durch Verkehrs-, Sport- und Arbeitsunfälle sowie Gewaltdelikte verursacht. Allerdings liegt bei solchen traumatisierten Patienten nur in 1,4 % bis 3,3 % eine Nierenverletzung vor. Kriegseinsatzbedingte Verletzungen sind seit dem Zweiten Weltkrieg deutlich gesunken u.a. wegen des Einsatzes von Schutzwesten. Der Anteil von Nierentraumata im ersten Golfkrieg bei Soldaten ohne Schutzwesten betrug 33 % gegenüber 17 % der Soldaten der US-Streitkräfte mit Schutzwesten.

Die Nierenverletzungen werden durch die „American Association for Surgery of Trauma“ (AAST) in eine fünfstufige Skala eingeteilt: Grad I: Nierenkontusion mit Hämaturie und/ oder subkapsulärem Hämatom mit intakter Organkapsel, ohne retrogrades Hämatom; Grad II: Nierenparenchym-Einriss unter 1 cm Länge und Einriss der Organkapsel mit retroperitonealem Hämatom; Grad III: Nierenparenchymeinriss über 1 cm Länge und Einriss der Organkapsel mit retroperitonealem Hämatom; Grad IV: Parenchymeinriss mit Eröffnung des Hohlsystems und Urinaustritt, Verletzung der Nierenarterie oder -vene mit begrenzter Blutung; Grad V: Komplett zerrissene Niere. Hilusgefäßausriss, vollständiger Ausfall der Nierendurchblutung.

Die Sonographie ist die erste diagnostische Maßnahme. Die CT-Untersuchung mit KM gilt als der Goldstandard. Bei unklaren Verletzungen des Hohlsystems kommt die retrograde Pyelographie in Betracht. Bei Nierenverletzungen Grad I bis III erfolgt in der Regel ein konservatives Management. Verletzungen durch Schusswaffen müssen antibiotisch behandelt werden. Unter Umständen sind CT-Kontrollen notwendig.

Eine Harnleiterschienung kann bei infizierten Urinomen oder perinephritischen Abzessen indiziert sein. Die selektive Embolisation von Nierengefäßen stellt eine weitere effektive Möglichkeit dar, blutende Nierenverletzungen zu behandeln.

Fallbericht: In Afghanistan wurde ein 20-jähriger Soldat durch ein Geschoss an seiner rechten Flanke verletzt. Er hatte keine Schutzweste getragen. Die CT ergab ein Nierentrauma rechts mit Hämatom und Urinom. Eine retrograde Pyelographie ergab eine Verletzung der oberen Kelchgruppe mit KM-Austritt. Es erfolgte die Einlage einer Harnleiter-Schiene, die nach drei Wochen entfernt wurde. Danach zeigten sich keine Entzündungszeichen, keine erhöhten Retentionswerte und keine subjektiven Beschwerden, so dass der Patient entlassen werden konnte. Dieser Fall zeigt, dass auch bei höhergradigen Nierenverletzungen ein organerhaltendes Vorgehen indiziert ist.

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Bildschirmfoto 2017-06-16 um 12.37.35Wir danken unserem Ehrenmitglied Prof. Dr. U. Klein aus München, der Ihnen die Veröffentlichungen aus den Fachzeitschriften auswählt und zusammenfassend erläutert.