Retrorektale Raumforderung: Eine seltene Differenzialdiagnose
Sohn et al., Der Chirurg, Vol.87, September 2016, S.785-789
Ein retrorektaler Tumor bei einem 44-jährigen Patienten, der klinisch präoperativ keine Zeichen einer Malignität zeigte, wurde histologisch als neuroendokriner Tumor G2 (analog den gastrointestinalen neuroendokrinen Tumoren) identifiziert. Es wurden bislang lediglich 30 Fälle mit derartiger Lokalisation und Histologie beschrieben.
Fallbeschreibung: Bei einem 44-jährigen Patienten wurde auswärts mittels MRT ein retro-rektaler, polyzyklisch begrenzter Tumor ohne Infiltration des Rektums festgestellt. Es ergab sich kein Anzeichen für eine ossäre Infiltration. Die Größe betrug 4,4×3,7 cm. PSH: 1,4 Mikrogramm/Liter, CEA<1,0 Mikrogramm /Liter. In der Zusammenschau aller Parameter ergab sich kein Anzeichen für Malignität. Da ein nach dorsal verlaufender Tumorzapfen bei der Operation eine unmittelbare Nähe zum N.ischiaticus nahelegte, konnte der Tumor nicht randfrei operiert werden. Die Histologie ergab einen malignen, primären neuroendokrinen Tumor. Ein primäres Prostatakarzinom konnte ausgeschlossen werden. Postoperativ zeigten sich szintigraphisch keine Knochenmetastasen.
Anschließend wurde eine intensitätsmodulierte Strahlentherapie mit ultraharten Photonen und einer Gesamtdosis von 50 Gy mit einem präkokzygealen Boost auf 60 Gy durchgeführt. Drei Monate später zeigten sich in einem 68-Ga-DOTA-NOC-PET/CT zwei pathologische Lymphknoten im kleinen Becken sowie drei Lebermetastasen. Daraufhin wurde eine Peptid-Radio-Rezeptor-Therapie mit 177-LU-DOTA-TATE in vier Zyklen durchgeführt. Danach zeigte der Tumor keine Reaktivität mehr. Zwei Monate später wurde wegen Lebermetastasen eine systemische Chemotherapie durchgeführt.
Insgesamt sind primäre präsakrale neuroendokrine Tumoren eine Rarität. Es sind bis jetzt 30 Fälle beschrieben worden. In diesem Fall handelte es sich bei einer Proliferationsaktivität von 15% in der Ki67-Reaktion in Analogie zu den neuroendokrinen Tumoren des Gastrointestinal- Traktes um einen sogenannten G2-Tumor.
Wegen der relativ großen Zahl von Differenzialdiagnosen (angeborene, neurogene, ossäre, entzündliche benigne und maligne Prozesse) bei retrosakralen Tumoren kommen der MRT und der PET/CT eine große diagnostische Bedeutung zu, auch in der Verlaufskontrolle.
Aus: CuraCompact 02-2017
(Wir danken unserem Ehrenmitglied Prof. Dr. U. Klein aus München, der die Veröffentlichungen aus verschiedenen Fachzeitschriften für Sie auswählt und zusammenfassend erläutert.)