Rechtssicheres Verhalten in der Abrechnungs- praxis – Lehren aus dem Fall Soest

Die Gesellschafter einer Praxis in Westfalen-Lippe müssen sich wegen gewerbsmäßigem Abrechnungsbetrugs in einem Strafverfahren verantworten. So berichtet der Soester Anzeiger in seiner Online-Ausgabe am 7. Januar, dass sich zwei Soester Radiologen durch falsche Abrechnungen 1,6 Millionen Euro „ergaunert“ haben. Sollte das Gericht die beiden schuldig sprechen, könnten ihnen mehrjährige Gefängnisstrafen drohen. Wie der Soester Anzeiger weiterhin schreibt, ließ die auf Wirtschaftskriminalität spezialisierte Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft in Bielefeld zeitgleich die Praxisräume in Soest, Hamm und drei weiteren Städten sowie die Privatwohnungen der verdächtigten Mediziner durchsuchen.

 

Nach jahrelanger Recherche seien die Staatsanwälte davon überzeugt, dass die Angeklagten „im arbeitsteiligen Zusammenwirken von Januar 2011 bis Juli 2015 in 18 Fällen unrichtige Vierteljahreserklärungen bei der Kassenärztlichen Vereinigung eingereicht haben“. Weiter steht in dem Bericht, dass die einzelnen radiologischen Leistungen so auf die einzelnen Ärzte der Praxis verteilt wurden zur Vermeidung, „dass die Beträge das Regelleistungsvolumen überschreiten“. Weiterhin sollte auch Geld für Untersuchungen fließen, die von angestellten Ärzten der Praxis vorgenommen worden sein sollen, die keine erforderliche Genehmigung für solche Untersuchungen hatten. Im umgekehrten Fall sollte, sobald das Budget ausgeschöpft war, das Geld für weitere Untersuchungen auf das „Konto“ anderer Ärzte gebucht werden.

Als Zeuge aussagen soll auch ein ehemaliger angestellter Arzt der Praxis. Er soll das Ermittlungsverfahren damals mit einer Anzeige ins Rollen gebracht haben, nachdem er Wind davon bekommen hatte, wie die Abrechnungspraxis ausgesehen hat.

 

Die beiden angeklagten Ärzte waren damals die Hauptgesellschafter der Gemeinschaftspraxis, zu der 21 Ärzte und 150 weitere Mitarbeiter zählen. Die beiden Angeklagten, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, sollen sich den Abrechnungsbetrug „zur Gewinnoptimierung“ ausgedacht und dazu eine Angestellte „angewiesen“ haben, die Belege für die Kassenärztliche Vereinigung mit falschen Namensangaben zu frisieren.

 

Dieser Fall gibt doppelt zu denken: Zum einen waren es offenbar ehemalige angestellte Ärzte der Praxis, die die KV auf die unrechtmäßige Abrechnung aufmerksam gemacht haben. Gleichzeitig zeigt er, was passieren kann, wenn die KV mit sachkundigem Personal an die Plausibilitätsprüfung geht und vielleicht auch das Ziel verfolgt, große Strukturen anzugreifen.

 

Regresse und Geldstrafen sind nur die KV-rechtliche Seite. Darüber hinaus sind es die Ärztegesellschafter, die sich im Strafprozess verantworten mussten. Beide wurden auf Grund ihrer umfassenden Geständnisse zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 9 Monaten verurteilt, die jeweils zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zusätzlich zu dem Regress über 1,6 Mio. €  müssen sie Geldstrafen von 200.000 € bzw. 300.000 €

zahlen. Im Regelfall schließen sich Zulassungs- und sogar Approbationsentzug nach rechtskräftiger Verurteilung an.

 

Daher lohnt es sich, die eigene Abrechnungspraxis regelmäßig zu hinterfragen und die dort tätigen Mitarbeiter genau zu instruieren. In puncto KV-Abrechnung empfehlen wir alles zu vermeiden, was den Anschein einer Falschabrechnung mit sich bringen könnte. Am Ende weiß niemand, in welchen Punkten die verschiedenen KVen die eigene Rechtsauffassung teilen. Sicher hat niemand Lust und Energie für langjährige gerichtliche Auseinandersetzungen.

 

Dies sind die wichtigsten Anweisungen, die für die Conradia-MVZ gelten und durch deren Befolgung sich eine Praxis rechtssicher aufstellen kann:

 

  • Es gilt der Grundsatz: Eine Leistung wird immer auf den Arzt abgerechnet, der den Befund freigibt (und mit dessen Unterschrift dieser rausgeht). Hat dieser Arzt nicht die erforderliche Abrechnungsgenehmigung (sachlich oder örtlich), rechnen wir die Untersuchung nicht ab.
  • Einzige Ausnahme: Vertretung bei Urlaub, Krankheit, Fortbildung, Wehrübung, Schwangerschaft und Erziehungszeiten nach den jeweils geltenden Vertreterbestimmungen der örtlichen KV.
  • In der Conradia werden keine Fälle zurückgesetzt, um sie aus Budgetgründen über einen anderen Arzt als den Freigebenden abzurechnen.
  • Angestellte Ärzte sind verpflichtet, darauf zu achten, welche Leistungen an welchem Standort sie freigeben.
  • Die Dienstplanung ist mit den Abrechnungsgenehmigungen und der Arztgruppenzuordnung (RAD/NUK) abzustimmen.
  • Neue Ärzte dürfen Leistungen erst dann abrechnen, wenn eine schriftliche Abrechnungsgenehmigung der KV vorliegt
  • Es gelten die Vertreterrichtlinien der jeweiligen KV. Mit diesen sollten sich alle in der Verantwortung stehenden Ärzte und Mitarbeiter vertraut machen.

 


 

Ihr Ansprechpartner

Carsten Krüger

ckgcuragita.com