Optimierung der Dienstplanung – Eine eierlegende Wollmilchsau
Die Dienstplanung läuft in vielen Praxen nebenbei, am Abend oder am Wochenende. Dabei werden – je nach Gutmütigkeit des Planers – persönliche Sonderwünsche im Team berücksichtigt, seltener jedoch Sonderoder Management-Aufgaben, die Teammitglieder in der Praxis wahrnehmen und die die Verfügbarkeit ihrer zeitlichen Ressourcen für die Einsatzplanung an den Modalitäten einschränken. Die Qualität zeigt sich darin, dass der Praxisbetrieb optimal läuft und unnötige Überschneidungen vermieden werden. Klingt einfach, ist es nicht immer. Ein Gespräch mit Philip Wittlinger, Spezialist für Personaleinsatzplanung bei der Curagita, über den steinigen Weg zum optimalen Dienstplan am Beispiel der Diagnostik München (DKM).
Herr Wittlinger, was war Ihre konkrete Aufgabenstellung bei der Diagnostik München?
Philip Wittlinger:Vor circa einem Jahr wurde in München konkret darüber diskutiert, neue Ärzte einzustellen. Das bestehende Ärzteteam hatte zu diesem Zeitpunkt alle Hände voll zu tun, neue Standorte waren bereits in Planung und es stand die Frage im Raum, wie viele Ärzte es künftig braucht, um alle Patienten der DKM versorgen zu können.
Wie sind Sie vorgegangen?
Philip Wittlinger: Wir haben als erstes die Zahl der Ärzte betrachtet: Köpfe und Stunden. Anschließend wurden die Fehlzeiten – sprich Urlaub, Krankheit etc. – untersucht. Unterm Strich sprechen wir hier von ca. 20% der Arbeitszeit. Auf dieser Basis wurde die benötigte Personalkapazität errechnet zur Abdeckung aller Standorte in den geplanten Öffnungszeiten der Praxis. Bei der Einsatzplanung haben wir festgestellt, dass beispielsweise die Tätigkeit als Geschäftsführer bei einigen Ärzten nicht im bis dato bestehenden Dienstplan berücksichtigt wurde. Ihre Zeit wurde voll für ärztliche Tätigkeit verplant, was aber so nicht im Alltag umgesetzt wurde. Dies wiederum führte zu mangelnder ärztlicher Kapazität an den Modalitäten, was die Prozesse verlangsamte und zu allgemeiner Unzufriedenheit führte. Wir haben daher ein neues umfassendes Dienstplanungskonzept ausgearbeitet, dass alle Gruppen – Ärzte und Nicht-Ärzte am Empfang und an den Geräten – und alle Sonderaufgaben der Gruppenmitglieder umfassend berücksichtigte. Im Sommer letzten Jahres wurden wir dann vor die Aufgabe gestellt, den Dienstplan vor dem Hintergrund des bevorstehenden Wachstums (lesen Sie dazu mehr auf Seite 18) und der Planung erweiterter Öffnungszeiten bei bestehendem Personalbestand erneut zu optimieren.
Wie gehen Sie bei einer Dienstplan-Optimierung vor?
Philip Wittlinger: In einem ersten Schritt wird ein Rahmendienstplan entwickelt, der die – aus Praxisperspektive – optimale Besetzung der Arbeitsplätze beziehungsweise Modalitäten abbildet, ohne Berücksichtigung von Fehlzeiten, aber mit Anerkennung
der mitarbeiter-, standort- und arbeitsplatzindividuellen Spezifikationen wie beispielsweise Schichtlängen, Arbeitszeiten und gewünschten Überschneidungen. Er entspricht einem „optimalen Dienstplan“, welcher davon ausgeht, dass alle Mitarbeiter-Ressourcen mit der jeweils notwendigen Qualifikation und Flexibilität zur Verfügung stehen und es keine Ausnahmen zum Beispiel durch Krankheit oder Urlaub gibt. Da dies in der Regel nicht der Fall ist, braucht es in einem zweiten Schritt eine operative, tatsächliche Dienstplanung, die regelmäßig – mindestens einmal im Monat – aktualisiert werden muss. Sie basiert auf dem Grundgerüst des Rahmendienstplanes und hat die optimale Deckung des Personalbedarfs durch die tatsächlich verfügbaren Ressourcen zum Ziel.
Lässt sich diese zweistufige Struktur der Dienstplanerstellung auf alle Praxen anwenden?
Philip Wittlinger: Generell empfiehlt sich die Erstellung eines Rahmendienstplanes immer, da er die aus Praxissicht gewünschte Personalkapazität definiert. Schnell kann man dann etwaige Lücken oder unnötige Überschneidungen identifizieren. Dies war auch in München der Fall. Hier zeigte sich, dass die Anzahl der Mitarbeiter nach Köpfen und Stunden ausreichend war, die Mitarbeiter aber nicht optimal geplant waren.
Was sind klassische Stolpersteine bei der Dienstplanung?
Philip Wittlinger: In vielen Praxen liegt das Grundproblem zwischen den Praxisanforderungen und den Mitarbeiterwünschen, Stichwort Abend- und Wochenend-Dienste. Ein weit verbreitetes Problem ist auch der Einsatz verschiedener Systeme zur Dienst- und Urlaubsplanung. So hatte auch die DKM den Dienstplan in Excel aufgesetzt, den Urlaubsplan in einem anderen System. Man war gezwungen, diese beiden Systeme regelmäßig zu synchronisieren, was einen zusätzlichen Aufwand erforderte. Dies wurde im Zuge des Optimierungsprojekts nun geändert. Jetzt erfolgt alles in einem System. Einen weiteren Stolperstein stellen mangelnde Planung und Kommunikation von Änderungen zwischen den Beteiligten (Geschäftsleitung, Personalplaner, Personal) dar. Gerade bei der Dienstplanung spielen die Transparenz der Rahmenbedingungen und mögliche Änderungen eine weitreichende Rolle. Werden die Öffnungszeiten beispielsweise an einem Tag um zwei Stunden verkürzt oder verlängert, kann das umfangreiche Folgen für die Dienstplanung haben. Entsprechend ausführlich muss dies geplant, kommuniziert und mit den Beteiligten abgestimmt werden. Das führt auch zum letzten Punkt: Es ist immer empfehlenswert, alle Mitarbeiter im Boot zu haben, um zu verhindern, dass die Dienstplanerstellung unverhältnismäßig und unnötig lange dauert. Zudem muss der Dienstplan im Praxisalltag funktionieren. Auch bei der DKM haben wir das Rahmendienstplankonzept mit den Geschäftsführern, Ärzten und leitenden MTA abgestimmt, nachdem diese mit ihren Teams gesprochen haben.
Was machen Sie anders und vielleicht besser als der Dienstplaner in der Praxis?
Philip Wittlinger: Ein Externer hat einen ganz anderen Blick auf die Praxis, Workflows und Prozesse. Und natürlich auch eine größere Distanz zu Mitarbeiterbefindlichkeiten. Als Externer haben Sie die Chance, historisch Gewachsenes zu hinterfragen und gegebenenfalls Fehlentwicklungen aufzudecken. Zur Erstellung der Personalbedarfsplanung haben wir ein Personaleinsatzplanungstool auf Excel-Basis für den Rahmendienstplan, also zur exakten Definition von Personalbedarf, Schichtlängen, Arbeitszeiten etc. entwickelt. Das Tool ist das Ergebnis jahrelanger Erfahrungen in vielen Radiologienetz- und inzwischen auch DeRaG-Praxen. Es lässt sich auf jede Praxis individuell anpassen. Dies ermöglicht eine detaillierte
Grundplanung, bevor die Daten anschließend in die Dienstplansoftware Zeus X (lesen Sie dazu mehr auf Seite 36) fließen.
Durch unsere „neutrale Brille“ des Externen konnten wir schließlich die Ärzte der Diagnostik München nun auch überzeugen, ebenso wie alle weiteren Mitarbeiter, die Softwareunterstützung zur Erstellung der Dienstpläne zu nutzen und damit ein einheitliches System für alle zu gewährleisten.
Was können Sie Praxen hinsichtlich der Dienstplanerstellung mit auf den Weg geben?
Philip Wittlinger:Die Optimierung der Dienstplanung ist eine eierlegende Wollmilchsau. Außerdem ist es eine zeitaufwendige Aufgabe, die nicht einfach mal schnell nebenbei läuft. Praxiswachstum oder Veränderungen im Personal durch Zu- oder Abgänge sind Anlässe zur Dienstplanoptimierung. Die Optimierung kann sich – wie ja schon ausgeführt – in vielerlei Hinsicht zeigen: Neuberechnung der Bedarfe, Berücksichtigung von Mitarbeiterressourcen, die etwa für Managementaufgaben zur Verfügung stehen. Ein optimaler Projektverlauf bindet ohne Zeitdruck möglichst viele beteiligte Gruppen in der Praxis mit ein.
Ihre Ansprechpartner:
Philip Wittlinger
Kristina Crni