Mobbing am Arbeitsplatz in der radiologischen Praxis – wie damit richtig umgehen?

Gehässige Kommentare, systematische Ausgrenzung, rassistische Bemerkungen – Mobbing hat viele Gesichter und findet auch in radiologischen Praxen statt. Aufgrund aktueller Anfragen aus Mitgliedspraxen haben wir FA Hartmut Wüsthoff gebeten, Hinweise zum Umgang mit solchen Situationen aus arbeitsrechtlicher Perspektive zu geben. Ein Überblick.

Wann spricht man von Mobbing am Arbeitsplatz?

Nicht jedes Fehlverhalten oder subjektiv als Angriff empfundene Auseinandersetzung kann rechtlich als Mobbing bezeichnet werden. Ein Verhalten ist allerdings dann als arbeitsrechtlich relevant einzustufen, wenn dadurch individuelle Rechtsgüter verletzt werden und dieses Verhalten über einen längeren Zeitraum fortbesteht. Auch wenn Mobbing kein feststehender Rechtsbegriff, sondern eine Sammelbezeichnung für eine Vielzahl diverser Verhaltensmuster ist, gibt es mittlerweile eine Bandbreite an ober- und höchstrichterlichen Urteilen zu diesem Thema. Das BAG (Bundesarbeitsgericht) definiert Mobbing wie folgt:

„Das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte.“

AGG nimmt Arbeitgeber in Verantwortung

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verpflichtet Arbeitgeber, Maßnahmen zum Schutz vor Diskriminierung von Mitarbeitern wegen Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Alter, Behinderung oder sexueller Identität zu ergreifen. Hierunter fällt nicht nur die Pflicht zur präventiven Verhinderung von Mobbing durch Schulungen o.ä., sondern auch die Pflicht, bei Mobbingsachverhalten, die dem Anwendungsbereich des AGG unterliegen, Maßnahmen zur Unterbindung weiterer Mobbingangriffe im Betrieb zu ergreifen. Verletzen Arbeitgeber diese Schutzpflichten, können Mobbingopfer nach § 15 AGG Schadensersatz verlangen und nach § 273 I BGB von einem Arbeitsverweigerungsrecht Gebrauch machen.

Schadensersatz bei Mobbing

Werden Vorwürfe über schikanierendes Verhalten an Arbeitgeber herangetragen, müssen diese ernst genommen werden. Mobbing vergiftet nicht nur das Arbeitsklima, sondern stellt ein echtes Gesundheitsrisiko am Arbeitsplatz dar. Die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen wächst seit Jahren stetig. Arbeitgeber trifft nach § 75 Abs. 2 BetrVG bzw. § 242 BGB eine Fürsorgepflicht gegenüber ihrer Belegschaft, die auch den Schutz vor Gefahren physischer oder psychischer Schäden umfasst. Verletzen Arbeitgeber diese Fürsorgepflicht, können sie für materielle und immaterielle Schäden von Mitarbeitern infolge Mobbings in Haftung genommen werden.

Wie sollten Arbeitgeber auf Mobbing reagieren?

Findet Mobbing innerhalb der Belegschaft statt, stehen Arbeitgeber in der Pflicht, sämtliche zur Verfügung stehende arbeitsrechtliche Mittel zu nutzen, um Betroffene zu schützen. Werden entsprechende Vorwürfe an Arbeitgeber herangetragen, sollte zunächst ein Gespräch mit den betroffenen Parteien geführt werden, um Informationen zu sammeln und den Sachverhalt möglichst objektiv aufzuklären. Stellen Arbeitgeber in Zuge dessen ein Fehlverhalten fest, müssen sie unverzüglich eine Maßnahme ergreifen, die zur Unterbindung weiteren Mobbingverhaltens geeignet und erforderlich und die im Einzelfall auch angemessen ist. Für welche Handhabe sich Arbeitgeber entscheiden, liegt grundsätzlich in deren freien Ermessen. In Frage kommt z. B. die Durchführung eines Mediationsverfahrens oder eines Teamcoachings. Versprechen derartige Maßnahmen keinen Erfolg, kommt ein Ausspruch einer Ermahnung oder Abmahnung mobbender Mitarbeiter, deren Versetzung oder zuletzt - jedoch nur als „ultima ratio“ - auch eine Kündigung in Betracht. Unter Umständen ist es auch sinnvoll, Betroffene zur Führung eines „Mobbingtagebuchs“ aufzufordern, in dem alle mobbingrelevanten Ereignisse schriftlich festhalten werden. Machen Betroffene entsprechende Ansprüche wegen Mobbings gerichtlich geltend, tragen sie hierfür die volle Darlegungs- und Beweislast. Dasselbe gilt für Arbeitgeber; wird ein Mitarbeiter wegen Mobbingverhaltens gekündigt, müssen Arbeitgeber in der Lage sein, die einzelnen Mobbinghandlungen zeitlich und inhaltlich präzise zu benennen und unter Beweis zu stellen.

Autor

Als Fachanwalt für Arbeitsrecht berät und vertritt Rechtsanwalt Hartmut Wüsthoff mit seiner Kanzlei in Mannheim seit über 30 Jahren Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

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