Medizin ohne Sektorengrenzen?
Die Forderung einer „Medizin ohne Sektorengrenzen“ steht ganz oben auf der gesundheitspolitischen Agenda. Die BARMER hat dazu ein „Zehn-Punkte-Papier“ veröffentlicht, das in der Fachöffentlichkeit mit großem Interesse aufgenommen worden ist. Die Thesen bzw. Forderungen im Überblick:
1. Kapazitätsplanung durch Leistungsplanung ersetzen
Mit der Weiterentwicklung zu einer sektorenübergreifenden Versorgungsplanung wird die Orientierung an den bestehenden Kapazitäten von Arztsitzen und Krankenhausbetten aufgegeben zugunsten einer Ausrichtung am tatsächlichen Bedarf an medizinischen Leistungen.
2. Auftrag für die gemeinsame Selbstverwaltung und ein neutrales Institut
Die gemeinsame Selbstverwaltung legt den sektorenübergreifenden Leistungsbereich fest. Ein neutrales Institut führt Leistungs- und Abrechnungsdaten zusammen und ermittelt die Behandlungskapazitäten, zum Beispiel das Statistische Bundesamt.
3. Bundesweiter Datensatz dient als „empirischer Anker“
Die statistischen Referenzwerte des neutralen Instituts dienen den sektorenübergreifenden Landesgremien als „empirischer Anker“ für die sektorenübergreifende Versorgungsplanung.
4. Landesgremium für die sektorenübergreifende Planung wird verpflichtend
Die Länder werden verpflichtet, ein sektorenübergreifendes Landesgremium einzurichten. Dieses legt den Bedarf an medizinischen Leistungen in der Region fest.
5. Sicherstellung im sektorenübergreifenden Leistungsbereich neu ordnen
Der Sicherstellungsauftrag für den neuen sektorenübergreifenden Leistungsbereich liegt bei der Kassenärztlichen Vereinigung im Einvernehmen mit dem Land. Perspektivisch erfolgt die Sicherstellung unter Einbindung der sektorenübergreifenden Landesgremien.
6. Notfallbehandlung sektorenübergreifend ausrichten
Der ambulante ärztliche Bereitschaftsdienst, Klinikambulanzen sowie die Notaufnahme in Krankenhäusern werden sektorenübergreifend und nach einheitlichen Kriterien organisiert. Hierzu werden Integrierte Leitstellen und Notfallzentren in den Ländern eingerichtet.
7. Sektorenübergreifendes Vergütungssystem schaffen
Für definierte Leistungen (sektorenübergreifende indikationsspezifische Leistungskomplexe) an der Schnittstelle zwischen allgemeiner fachärztlicher Versorgung und Grund- und Regelversorgung im Krankenhaus wird eine einheitliche Vergütung geschaffen.
8. Regionale Versorgungsverbünde entwickeln
Versorgungsverbünde sind eine Antwort auf die Forderung nach einer stärkeren Vernetzung der Leistungserbringer. Sie können die Zusammenarbeit und Kommunikation an den Sektorengrenzen entscheidend verbessern.
9. Potenziale von Digitalisierung und Delegation nutzen
Für eine Stärkung der sektorenübergreifenden Versorgung ist die digitale Vernetzung aller Beteiligten von wesentlicher Bedeutung. Notwendig ist auch eine neue Arbeitsteilung zwischen ärztlichen und nicht-ärztlichen Professionen.
10. Sektorenübergreifende Versorgung in Modellprojekten erproben
Praxistauglichkeit ist die Voraussetzung für den Erfolg und die Akzeptanz von Strukturveränderungen. Die BARMER spricht sich deshalb für die Erprobung sektorenübergreifender Versorgung in Modellregionen unter Beteiligung der Krankenkassen aus.
Hinweis:
Dieser Artikel stammt vom Leo Schütze Verlag, Herausgeber des „Schütze-Briefs“. Curagita übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit dieser Informationen.
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Dr. Michael Kreft
Carsten Krüger