Konventionell-radiologische Diagnose von gutartigen Knochentumoren
Der Orthopäde, Vol.46, Juni 2017, S.477-483, A. Bücker et al., Homburg
Bei den gutartigen Knochentumoren unterscheidet man knochenbildende, knorpelbildende und fibrohistozytäre Tumoren, die röntgenologisch hinsichtlich Struktur und Lokalisation meist voneinander unterschieden werden können.
Die meisten Knochentumoren sind in der Metaphyse zu beobachten. Beschwerden treten zunächst selten auf, wobei sie nicht zwangsläufig auf den Tumor zurückzuführen sind. So werden die Tumoren nicht selten anlässlich einer Trauma-Diagnostik entdeckt. In vielen Fällen kann das konventionelle Röntgenbild zwischen gut- und bösartig differenzieren.
Lodwick hat 1980 eine hilfreiche Klassifikation der Knochentumoren vorgelegt. Läsionen des Typs 1a sind gutartig (Lyse im Knochen mit einem Sklerosesaum). Typ 1b-Läsionen, ebenfalls meist gutartig, zeigen eine scharf berandete Osteolyse mit einem partiellen Sklerosesaum, Typ 1c-Tumoren weisen in manchen Bereichen der Osteolyse keine scharfe Abgrenzung gegenüber dem gesunden Knochen auf.
Typ 2 hat im Röntgenbild ein mottenfraßähnliches Ausbreitungsmuster, Typ 3 zeigt ein permeatives Wachstum. Histologisch unterscheidet man knochenbildende Tumoren (Osteom, Enostom, Osteoidosteom, Osteoblastom), kartilaginäre Tumoren (Osteochondrom, Enchondrom, juxtakortikales Chondrom, Chondroplastom, Chondromyxoidfibrom) und fibrohistio-zytäre Tumoren (Riesenzelltumor, fibröses Histiozytom, desmoplastisches Fibrom).
Osteome bestehen aus anormal dichtem, aber normal aufgebautem Knochen. Enostome werden auch als Knocheninseln bezeichnet. Sie zeigen keine Radionuklidanreicherung und im MRT kein Knochenmarködem. Osteoidosteome und Osteoblastome unterscheiden sich histologisch nur durch die Größe ihres Nidus. Sie sind allerdings von intermediärer Dignität mit potenziell lokaler Aggressivität. Bei Verkalkung des Nidus wird die Abgrenzung im Röntgenbild unmöglich. Im MRT zeigt sich ein ausgeprägtes Ödem. Lokalisiert sind sie vor allem in den langen Röhrenknochen und in den dorsalen Anteilen der Wirbelkörper (40%). Klinisch kommt es zu einem ausgeprägten Nachtschmerz mit gutem Ansprechen auf ASS.
Enchondrome sind gutartige kartilaginäre Tumoren, die meist zentral im Knochen liegen. Sie können in jedem Alter entstehen. Bei Auftreten von Schmerzen besteht der Verdacht auf maligne Entartung. Meist sind die Phalangen, die Metakarpalia und die langen Röhrenknochen befallen. Letztere können popkornartige Verkalkungen aufweisen. Ab einer Größe von 6 cm besteht die Wahrscheinlichkeit einer malignen Entartung (Chondrosarkom). Die MRT zeigt den lobulierten Charakter des Enchondroms. Multiples Auftreten (Enchondromatose) ist nicht selten.
Zur gleichen Gruppe gehört das periostale Chondrom, das wesentlich seltener auftritt als das Enchondrom. Erst bei Verkalkungen ist dieser Tumor im Röntgenbild sichtbar. Das Osteochondrom wächst nahtlos aus der Kortikalis des gesunden Knochens heraus, was ihm die unverkennbare Röntgenmorphologie verleiht.
Chondroblastome kommen meist bei Jugendlichen vor. Der Ursprung ist epiphysär, die Bezeichnung erfolgte nach dem Erstbeschreiber auch als Codmann-Tumor. Ca. 50% der Tumoren liegen im Bereich des Kniegelenks, sodass sie meist durch Gelenkschmerzen entdeckt werden. Das Chondromyxoidfibrom ist sehr selten. Tibia und Fibula sind am häufigsten betroffen. Auf dem Röntgenbild zeigt sich eine lobulierte Osteolyse, die die Kortikalis erheblich arrodieren kann. Bei klinischen Symptomen muss eine maligne Entartung in Betracht gezogen werden.
Zu den fibrohistiozytären Tumoren gehört der Riesenzell-Tumor (Osteoklastom), der in ca. 5% der Fälle Metastasen entwickeln kann. Er ist häufig im Bereich des Kniegelenks lokalisiert und wird auf Grund von Schmerzen diagnostiziert. Differenzialdiagnostisch ist wegen der Lage an das Chondroblastom oder an eine aneurysmatische Knochenzyste zu denken.
Die übrigen Tumoren aus dieser Gruppe (benignes, fibröses Histiozytom und desmoplastisches Fibrom) zeigen jeweils 1a oder 1b-Läsionen, aber keine sicher abgrenzbaren Charakteristika.
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Wir danken unserem Ehrenmitglied Prof. Dr. U. Klein aus München, der Ihnen die Veröffentlichungen aus den Fachzeitschriften auswählt und zusammenfassend erläutert.