Glia-Choristom – Ein seltener Befund im Mittelohr
Laryngo-Rhino-Otologie, Vol. 99, Februar 2020, S. 108-110
V.R. San Jose et al., Traunstein
Choristome sind Tumoren aus Gewebezellen, die in dem betroffenen Körperteil nicht vorkommen. Bei einer 65-jährigen Frau mit Verdacht auf chronische Mittelohrentzündung ergab die CT des Felsenbeins eine Verschattung des Mastoids und der Paukenhöhle. Nach der Mastektomie ergab die Histologie ein Glia-Choristom des Mittelohrs. Es handelte sich um einen gutartigen ektopen Tumor von reifem neuronalem Gewebe ohne Verbindung zum ZNS. Die Patientin war postoperativ beschwerdefrei.
Fallbeschreibung: Eine 65-jährige Frau klagte in der Praxis über rezidivierende Schmerzen am re. Ohr. Seit sechs Jahren habe sie ein Druckgefühl und eine Otorrhoe rechts sowie Schwindelanfälle seit einem Jahr. Eine abstrichgerechte Antibiotika-Therapie ergab keine Besserung. Eine CT des Felsenbeins ergab eine vollständige Verschattung des Mastoids und der Paukenhöhle. Wegen der vergeblichen konservativen Therapieversuche wurde eine Mastektomie durchgeführt. Dabei zeigte sich eine glasig-polypöse Gewebe-Ummauerung der Gehörknöchelchen-Kette, wovon ein Teil abgetragen wurde. Histologisch ergab sich ein Glia-Choristom des Mittelohres. Dieses heterogene Gehirngewebe war nicht maligne. Es wurde saures Gliafaser-Protein nachgewiesen. Dieses Protein ist im Zytoplasma von Glia-Zellen zu finden. Sechs Monate postoperativ war die Patientin beschwerdefrei. Mittels MRT konnte eine Enzephalozele ausgeschlossen werden.
Grundsätzlich sind die Symptome eines Glia-Choristoms unspezifisch. Eine Leitlinie für Diagnose und Therapie liegt wegen der Seltenheit des Vorkommens nicht vor. Choristome sind Tumoren aus Gewebezellen, die im betroffenen Körperteil nicht vorkommen. Von den Choristomen im Mittelohr gibt es drei Typen: Speicheldrüsen-Choristome, Talgdrüsen-Choristome und Glia-Choristome. Letztere sind sehr selten. Es handelt sich um ektope Tumoren von reifem neuronalem Gewebe ohne Verbindung zum ZNS.
Bisher sind 33 Fälle beschrieben worden. Ihre Entstehung ist unklar: Es kann sich um eine Variante einer Enzephalozele handeln, oder es kann während der embryonalen Entwicklung zu einer Fehlplatzierung von neuroektodermalen Zellen gekommen sein. Trotz KM-CT und KM-MRT (verschattete Paukenhöhle, Kontinuität der Schädelknochen) lässt sich die Diagnose erst postoperativ mittels Histologie sichern.

Prof. Dr. U. Klein
aus München, der Ihnen die
Veröffentlichungen aus den
Fachzeitschriften auswählt
und zusammenfassend
erläutert.