Gallensteine und „Leberverstopfung“ in den medizinischen Fachschriften der Antike
Zeitschrift für Gastroenterologie, Vol.56, April 2018, S.249-254
F. Ursin et al., Ulm
Aristoteles (384-322 v.Chr.), Diokles von Karystos sowie Erasistratos haben als Ursache eines Ikterus eingedickten Gallensaft, der nicht abfließen kann, angenommen. Erst Alexander von Tralleis (525-605 n.Chr.) hat als erster Autor Gallensteine als Geschwulst mit Steinen in der Leber beschrieben. Therapeutisch wurden damals Umschläge, Säfte und diätetische Maßnahmen empfohlen.
Aristoteles beschreibt in seinem Buch „De partibus animalium“ den Fund von Steinen in der Leber geschlachteter Opfertiere, jedoch erwähnt er keine Gallensteine beim Menschen. Diokles von Karystos, ein Schüler von Aristoteles und der etwas jüngere Erasistratos (320-245 v.Chr.) haben die Ursache für einen Ikterus als mechanische Verstopfung der Gallenwege erkannt, wobei nach Ihrer Vorstellung der Gallensaft gerinnt und nicht abfließen kann, sodass der Kör- per von nachfließender Galle überflutet wird. Von Gallensteinen sprechen sie nicht direkt.
Galen von Pergamon (129-199 n.Chr.) beschreibt ähnliches als Ursache für einen Ikterus: Verschluss der Öffnung des Ductus choledochus. Therapeutisch müsse man die verdickten Säfte diätetisch verdünnen, wobei Äpfel, Granatäpfel, Datteln, Linsen und käsige Milch verboten sind.
Der spätantike Arzt Alexander von Tralleis beschrieb als erster Autor Steine in einer Geschwulst der Leber (Gallenblase). Er glaubte, dass bei Leberentzündung die Säfte eintrocknen und wie Steine liegen bleiben. „Gallensteinleiden“ finden sich also erst spät in medizinischen Zeitschriften. Obwohl den erstgenannten Autoren das klinische Bild von Gallensteinen bekannt war, wurde diese Erkrankung lediglich als „Leberverstopfung“ bezeichnet.