Diagnostik des Scaphoids. Fraktur, Pseudarthrose, Durchblutung, Perfusion

Der Orthopäde, Vol.45, November 2016, S.938 – 944, T. Kahl et al., Berlin und Greifswald

Scaphoid-Frakturen heilen in 94 % bis 98 % der Fälle komplikationslos aus. Bei fehlender Heilung kommt es zu einer Pseudarthrose. Im Stadium I ist bei adäquater Therapie noch eine Heilung möglich. Danach sind die Umbauvorgänge irreversibel. Im Stadium IV kommt es zur Verkippung des proximalen Frakturanteils und zu einer mediocarpalen Arthrose. Die KM-MRT hat in diesen Fällen eine Sensitivität von 85 % und eine Spezifität von 95 %.

Frakturen des Kahnbeins treten bei Männern viermal häufiger auf als bei Frauen mit einem Altersgipfel zwischen 20 und 40 Jahren. Sie stellen 2 % bis 3 % aller Knochenfrakturen, ca. 11 % der Handfrakturen und 60 % der Handwurzelknochenfrakturen. In ca. 94 % bis 98 % der Fälle heilen die Scaphoid-Frakturen nach konservativer Therapie komplikationslos aus. Auf den initialen Röntgenbildern werden allerdings nur 70 % bis 80 % der Frakturen diagnostiziert.

Arteriell wird das Scaphoid von der A. radiales versorgt. Es liegt jedoch eine große Gefäßvarianz innerhalb des Scaphoids vor. Der proximale Pol wird ausreichend durch Kollateralen versorgt.

Röntgenbilder werden bei Verdacht auf Scaphoid-Fakturen in mehreren Ebenen angefertigt, wobei jedoch nicht alle Knochenanteile erfasst werden. Bei positivem klinischem und negativem Röntgenbefund muss immer eine CT durchgeführt werden, zusätzlich die MRT, die hinsichtlich der Erkennung von Knochenmarködemen eine Sensitivität von fast 100 % aufweist. Zusätzlich kommen bei der MRT die umgebenden Weichteile sowie Bänder, Sehnen und Sehnenscheiden zur Darstellung. Die Knochenszintigraphie hat zum einen eine deutlich geringere Sensitivität als CT und MRT, eine relative hohe Strahlenbelastung und zeigt in ca. 20% falsch positive Ergebnisse. Sie sollte daher nicht mehr angewandt werden.

Im deutschsprachigen Raum wird eine Fraktureinteilung nach Herbert und Krimmer vorgenommen: Typ A, akut stabil; Typ B, akut instabil; Typ C, verzögerte Heilung; Typ D, Pseudarthrose. Stabile Frakturen sind solche des Tuberkulum ossis, unvollständige Infraktionen und nicht-dislozierte Querfrakturen des mittleren Drittels. Instabile Frakturen sind distale Schrägfrakturen, dislozierte Querfrakturen, alle proximalen Frakturen und die transscaphoide perilunäre Luxationsfraktur de Querain. Zur Differenzierung von Typ A und Typ B ist vor allem die MS-CT Untersuchung geeignet.

Bei fehlender Heilung kommt es zu einer Pseudarthrose, die in vier Stadien eingeteilt wird. Im Stadium I kommt es zu Demineralisationsvorgängen durch resorptive Umbauvorgänge im Frakturspalt. Eine Heilung ist möglich. Im Stadium II sind die Umbauvorgänge bereits irreversibel, und es zeigen sich Pseudozysten. Im Stadium III beginnt eine Sklerosierung der Frakturränder, und die Pseudarthrose wird sichtbar. Durch die ligamentäre Spannung kann es zu einer Verkippung der Fragmente kommen, darüber hinaus können osteophytere Anbauten bzw. Abstützungsreaktionen des Lig. interkarpale dorsalis entstehen. Im Stadium IV kommt es zur Verkippung des proximalen Skaphoidfragments und zu einer Extension des Os lunatum. In den umliegenden Gelenken bilden sich degenerative Veränderungen. Schließlich entwickelt sich eine mediokarpale Arthrose mit einem karpalen Kollaps. Oft vergehen zwischen dem initialen Trauma und der Ausbildung einer Pseudarthrose 5 bis 10 Jahre.

Die KM-verstärkte MRT hat eine Sensitivität von 85 % und eine Spezifität von 95 %. Sie ist wegweisend für die Beurteilung der Vitalität der Fragmente.

Bildschirmfoto 2017-06-16 um 12.37.35Wir danken unserem Ehrenmitglied Prof. Dr. U. Klein aus München, der Ihnen die Veröffentlichungen aus den Fachzeitschriften auswählt und zusammenfassend erläutert.