Berufspolitik im Sommerloch – Radiologienetz argumentiert gegen die verzerrte Darstellung von Radiologengehältern
Am 15. August – mitten im „Sommerloch“ – veröffentlichte das Statistische Bundesamt Daten zu Arztgehältern (Kostenstruktur bei Arzt- und Zahnarztpraxen sowie Praxen von psychologischen Psychotherapeuten 2015, Fachserie 2 Reihe 1.6.1). Wie so oft mündete dies in einer undifferenzierten Berichterstattung in der überregionalen und regionalen Presse.
Die Radiologen erschienen in vielen Schlagzeilen als Bestverdiener mit weitem Abstand zum Durchschnitt. Viele Mitglieder haben uns die Artikel aus ihrer Regionalpresse zugeschickt. Im Namen von Radiologienetz reagierte Dr. Schmidt-Tophoff direkt im Forum von Spiegel Online sowie auf eine verkürzte Berichterstattung im führenden gesundheitspolitischen Newsletter „Schützebrief“ und stellte seinen Leserbrief in allgemeiner Form auch allen Mitgliedern zur Weiterleitung an ihre Presse-Kontakte oder entsprechende Foren zur Verfügung.
Erfreulicherweise hat der renommierte „Schützebrief“ in seiner Ausgabe Nr. 66-2017 vom 4. September die Argumentation von Dr. Schmidt-Tophoff aufgenommen und differenziert dargelegt – Anerkennung des berufspolitischen Engagements und der Fachkompetenz des laut Schütze „führenden Management- und Verbunddienstleisters für die Radiologie“ (Informieren Sie uns, wenn auch Sie den Leserbrief erfolgreich platzieren konnten.)
Hier lesen Sie den Text des Leserbriefs, der eine Grundlage bietet, der Argumentation entgegen zu treten und die Schlagzeilen zu kommentieren:
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Pressemitteilung vom 15.8.2017 des Statistischen Bundesamtes haben Sie zum Anlass genommen, über Arztgehälter zu berichten. Durch die Art und Weise der Berichterstattung werden (wieder einmal) die Unterschiede zwischen den Reinerträgen der Ärzte verzerrt dargestellt, u. a. auch deshalb, weil die Reinerträge von Praxen, nicht von Praxisinhabern verglichen werden. Dadurch stehen natürlich Fachrichtungen mit hohem Kooperationsgrad, z. B. Radiologie 2,3 Praxisinhaber pro Praxis, wesentlich besser da als der Durchschnitt (= 1,4 Praxisinhaber pro Praxis).
Positiv sehen wir als Mitglieder des Radiologienetz Deutschland, dass unsere jahrelange berufspolitische Aufklärungsarbeit gegenüber den die Statistik aufbereitenden Stellen im Bund offensichtlich Früchte trägt. So stellt der Bericht des Destatis klar, dass der Reinertrag nicht als verfügbares Einkommen zu verstehen ist: „In der breiten Öffentlichkeit wird der Reinertrag, der im Rahmen der Kostenstrukturstatistik im medizinischen Bereich berechnet wird, oft synonym mit dem Einkommen der Ärzte verwendet. Der Reinertrag ist nicht mit dem Gewinn bzw. dem Einkommen der Ärzte gleichzusetzen, auch nicht, wenn er auf die Zahl der Praxisinhaber bezogen wird. Er stellt zwar das Ergebnis des Geschäftsjahres der Praxis dar, berücksichtigt aber u. a. nicht die Aufwendungen für Praxisübernahme und die Aufwendungen privater Natur für die Alters-, Invaliditäts-, Hinterbliebenen- und Krankenversicherung der Praxisinhaber und deren Familienangehörigen sowie die Beiträge zu Versorgungseinrichtungen der Praxisinhaber. Im Rahmen der Kostenstrukturstatistik im medizinischen Bereich ist der Reinertrag eine rein rechnerische Größe, die man erhält, wenn man die Summe der Aufwendungen von der Summe der Einnahmen abzieht.“
In der investitionsintensiven Radiologie sind heute Einstiegspreise für neue Partner von 1,2 Mio € keine Seltenheit. Für diese müssen Radiologen Kredite aufnehmen und Zinsen bezahlen. Diese Finanzierungskosten werden in den offiziellen Statistiken nicht berücksichtigt, mindern aber das verfügbare Einkommen in beträchtlichem Umfang. Der durchschnittliche Reinertrag pro radiologischem Praxisinhaber liegt laut Destatis-Zahlen bei 355 Tsd. € jährlich (ohne Strahlentherapeuten, siehe Bericht S. 124). Unter Berücksichtigung der oben genannten Praxiseinstiegskosten ergäben sich beispielsweise bei einer Abschreibungsdauer von 10 Jahren jährliche Belastungen von ca. 160 Tsd. € (Afa-Abschreibung plus Fremdkapitalzinsen plus Wagniszuschlag ohne Berücksichtigung eines kalkulatorischen Unternehmerlohns bei einer überdurchschnittlich personal- wie kapitalintensiven Fachgruppe). Damit liegen die Radiologen in Wirklichkeit etwa beim durchschnittlichen Ein-kommen aller Fachgruppen. Das findet sich so weder in der Pressemitteilung des Destatis noch bei Ihrer Berichterstattung.
Leider führen solche Statistiken ohne genauere Differenzierung zu Neiddiskussionen zwischen den Fachgruppen und schaffen auch unnötig eine Kluft zwischen uns Ärzten und unseren Patienten. Von den 190 Tsd. € Durchschnittseinkommen pro Arzt sind im Übrigen unsere gesamten Vorsorgeaufwendungen für Rente, Berufsunfähigkeit und Krankenversicherung abzuziehen und natürlich auch unsere Steuern noch zu bezahlen.
Falls Sie sich für weitere Einzelheiten und eine Vertiefung des Themas interessieren, stellen wir Ihnen gerne unsere ausführliche Begutachtung der Vergütungssituation der niedergelassenen Radiologie vor. Gerne stehen auch der Fachbeirat von Radiologienetz (Ansprechpartner Dr. Peter Nunninger und Dr. Johannes Schmidt-Tophoff) für ein journalistisches Fachgespräch zur Verfügung. Kontaktaufnahme bitte über netzmanagement@curagita.com.
Hier finden Sie den Schütze-Brief Nr. 66-2017.
Ihr Ansprechpartner: Johannes Schmidt-Tophoff jstcuragita.com