12. Radiologentag am 13. November 2021
“Gemeinsam Akzente setzen”, zu diesem Thema fand der 12. Radiologentag nach zwei Jahren nun endlich wieder statt. Zum ersten Mal als Hybridveranstaltung – Online und vor Ort in Heidelberg versammelten sich rund 100 Menschen, um sich gemeinsam über die aktuellen Herausforderungen der ambulanten Radiologie auszutauschen.
Eine weitere Premiere war die neue Location. Statt wie gewohnt in der Print Media Academy traf man sich im trendigen Co-Working Space Design Offices im neuen Quartier Bahnstadt in Heidelberg. Dort gab es viel Raum für Austausch in großer und in kleiner Runde und die Aufbruchsstimmung der „Lab“-Atmosphäre war spürbar.
Bereits am Tag zuvor fanden die Sitzungen des Fachbeirates sowie die DeRaG-Pool-(Haupt)-Versammlung statt. Am Samstag brachte der Radiologentag dann die Mitgliedspraxen sowie an Niederlassung und Netz Interessierte zusammen.
Ein gelungener Start in den 12. Radiologentag
Dr. Johannes Schmidt-Tophoff begrüßte die Teilnehmenden und gab einen Überblick über die Konsolidierung des ambulanten radiologischen Sektors. Dabei stellte er die Akteure und die dahinterstehende Finanzkraft vor und gab auch einen Einblick in internationale Radiologiebetreiber, die bereits Stellung in Richtung deutschen Markt bezogen haben. Er verwies auf das Szenario 2020 von Radiologienetz. In dieser auf dem damaligen Röntgenkongress vorgestellten Studie von 2006 habe man die aktuellen Entwicklungen der ambulanten Radiologie schon kommen sehen – einem Jahr, in welchem noch keiner eine radiologische MVZ GmbH kannte. 14 Jahre später nun stellen 6 Radiologiefirmen 20% des Marktes (in Bezug auf Umsatz und Standorte), Tendenz steigend. Laut Prognosen werden es bis 2025 bereits 50% der Praxen sein, die sich im Eigentum von Radiologiebetreibern und Großverbünden befinden werden. Dabei spannte Dr. Schmidt-Tophoff den Bogen über die verschiedenen Modelle und Strategien der einzelnen Player und den damit verbundenen Konsequenzen für die Versorgung der Patienten und für die Mitarbeiter dieser neuen Radiologie-Arbeitgeber.
Er hob die Sonderrolle der DeRaG in dieser Konstellation hervor, die als genossenschaftliches Radiologienetz-Enterprise 2010 gemeinsam mit 150 Netz-Radiologen gegründet wurde und das Ende dieses Netzprojekts, das jetzt mit dem geplanten Verkauf an einen der „Großen“ bevorsteht. Er nutzte dies auch zur durchaus selbstkritischen Rückschau auf die letzten 11 Jahre seit Gründung der DeRaG. Die vielen „Lessons learnt“, die manchmal durchaus schmerzhaft, teilweise auch unvermeidbar waren, sind die Grundlage für Beratungs- und Dienstleistungen einer Curagita für freiberufliche Netzpraxen in der Zukunft. „Vom Berater zum Betreiber und zurück – davon profitieren alle im Radiologienetz, da das Curagita-Team nun seinen ganzen Erfahrungsschatz und sein radiologiespezifisches Knowhow in vollem Maße für die Mitgliedspraxen einsetzen wird“, so Schmidt-Tophoff zum Abschluss. In den Fokus stellt er dabei den Ausbau des Radiologienetzes für freiberufliche Praxen als Gegengewicht zu den Private Equity finanzierten Ketten. Seinen Vortrag können Sie hier einsehen.
Gemeinsam Akzente setzen und Herausforderungen begegnen
Die Bundestagswahlen 2021 haben uns bereits als Schwerpunktthema in der neuesten CuraCompact Ausgabe beschäftigt und wurden nun auch auf dem 12. Radiologentag thematisiert. Jürgen Witt, Partner aus der Mitgliedspraxis Radiologie Franken-Hohenlohe und erfahrener „Berufspolitiker“, der sich im Radiologienetz seit vielen Jahren für die Belange der niedergelassenen Radiologie interessiert und einsetzt, sprach über die neuen Herausforderungen für die niedergelassene Radiologie. Dabei wiederholte er nicht nur die Punkte aus dem Interview mit der CuraCompact Redaktion, sondern sprach auch über generelle Herausforderungen für die Zukunft, wie die zuvor erwähnte Konsolidierung, anhaltenden Fachkräftemangel und den Vorteil einer funktionierenden Netzstruktur. Denn durch den Austausch und die Kooperation mit Gleichgesinnten entständen kreative Lösungen. Dazu bedürfe es allerdings einer Vertrauensbasis, die nur entsteht, wenn man sich kennt und eben richtig vernetzt. Wichtig sei es dabei auch, die jungen Praxiseinsteiger ins Boot zu holen, denn diese könnten eine funktionierende Netzstruktur für ihre erfolgreiche Praxisentwicklung bestens nutzen.
Jüngere Leute, Einsteigergeneration und Fachkräftemangel – Stichworte, welche in der sich anschließenden Podiumsdiskussion Generation XY – Konsequenzen für radiologische Praxen intensiv aufgegriffen wurden. Thema war der Generationswechsel in den Heilberufen. Viele aus der Babyboomer-Generation haben den Ruhestand im Blick und jüngere Menschen nehmen ihre beruflichen Tätigkeiten mit neuen Perspektiven und Bedürfnissen auf. Doch welche Unterschiede gibt es wirklich zwischen den Generationen? Auf der Bühne trafen sich PD Dr. Alexander Baur aus dem MVZ Conradia Berlin, Dr. Klaus Mott aus der Radiologie Ortenau und Sandra Kauczor, MTRA und Dozentin an der MTRA-Schule im Uniklinikum Heidelberg. Ein kleiner Querschnitt aus zwei Generationen (Y und X), dem nicht-ärztlichen und ärztlichen Bereich sowie der Freiberuflichkeit und dem Angestelltenverhältnis. Moderiert von Netzmanagerin Eva Jugel diskutierten sie miteinander und mit dem Publikum die Ziele, Erfahrungen und Herausforderungen ihrer beruflichen Werdegänge und die Beobachtungen aus ihrem direkten beruflichen Umfeld. Wichtigstes Learning: Eine positive Unternehmenskultur ist insbesondere für Jüngere ein wichtiger Aspekt, wozu ebenfalls kleine und große Gesten der Wertschätzung und des Respekts von allen Seiten gehören.
Vor der Lunchpause plauderte Dr. Till Diergarten aus dem Nähkästchen seines eigenen, eher ungewöhnlichen Lebenslaufs. Bis vor kurzem Radiologienetz-Mitglied als Gesellschafter der Netzpraxis Tuttlingen, hat er diese inzwischen an einen großen Betreiber verkauft und ist gerade eben auch aus dem operativen Geschäft vollends ausgestiegen. Er gab einen Einblick in seinen Werdegang von der Klinik bis zur momentanen Situation und plädierte dafür, strategischen Überlegungen über die Praxisentwicklung und eigene Ziele ausreichend Priorität und Zeit einzuräumen.
Digitalisierung und fachübergreifende Zusammenarbeit – so kann es gelingen
Frisch gestärkt nach der Mittagspause lieferte Frank Vogel einen umfassenden Überblick über die aktuellen Projekte der Praxisdigitalisierung. Aus der Herausforderung des Fachkräftemangels treibt Curagita zurzeit für Conradia das Thema Remote Scanning immer weiter voran. Er berichtete von den Erfahrungen mit dieser standortübergreifenden Tele-Lösung für MR Untersuchungen. Relativ kurz fiel der anschließende Ritt durch viele hilfreiche Tools und Techniken aus, die das Curagita-Team im „Labor“ Conradia testet und für die im Anschluss für Netzpraxen die Erfahrungen sowie attraktive Netzkonditionen verfügbar gemacht werden. Dazu gehören die Online-Terminierungs-Plattform Doctolib, das Dosismanagementsystem DoseM von Infinitt, das Nexus Zuweiserportal und Tools für strukturierte Befundungen. Zu letzterem gehört unter anderem “RadioReport” – eine Software für strukturierte Befundung des Berliner Start-Ups Neo-Q. Dazu wurde PD Dr. Alexander Baur von Conradia Berlin erneut auf die Bühne gebeten, da er das Tool im Rahmen eines Pilotprojekts ausführlich testete. In einem Interview mit der CuraCompact berichtete er ebenfalls von seinen Erfahrungen diesbezüglich.
Gemeinsam Akzente setzen bedeutet auch, fachübergreifende Zusammenarbeit. Daher wurde Prof. Dr. Holger Schmitt, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie der ATOS Klinik Heidelberg eingeladen, um über die Anforderungen an Radiologen aus Orthopäden-Sicht zu sprechen. Er stellte heraus, dass insbesondere für dringliche Fragestellungen eine zeitnahe Diagnostik außerordentlich wichtig ist und ein zentrales Kriterium für die Qualität der Zusammenarbeit zwischen Orthopäden und Radiologen darstellt. Seine radiologischen Kollegen im Plenum wünschten sich ihrerseits von kooperierenden Orthopäden eine möglichst klare Formulierung der Fragestellungen, um die bestmögliche Patientenversorgung zu gewährleisten.
Anknüpfend an das Thema berichtete Prof. Dr. Lars Grenacher aus der Conradia München von der effizienten Erstellung und professionellen Kommunikation von Befunden. Eine der größten Herausforderungen sieht er in der zuweilen herrschenden Uneinheitlichkeit der Befunde aufgrund von individuellen Sprachaufzeichnungen und eigenen Textbausteinen von Radiologen. Diverse Angebote, wie das zuvor vorgestellte “RadioReport” Tool von Neo-Q, könnten dabei helfen, den Prozess der Befunderstellung und die Aufbereitung des Befundes zu vereinheitlichen und so Missverständnissen auf Zuweiserseite vorbeugen. Doch auch die verständliche Patientenkommunikation war für ihn ein essentieller Punkt. So plädierte er für einfache Sprache und den Einsatz visueller Elemente nicht nur für den Befund, sondern auch schon im Vorfeld, um den Betroffenen die Angst zu nehmen und das Stresslevel während der Untersuchungen zu senken.
Lehrreiche Diskussionen im Praxismanageraustausch
Parallel dazu tauschten sich Praxismanager:innen zu diversen Themen aus. Unter anderem wurden ein System zur Telefonie-Steuerung, die Cloud-Telefonie, die Herausforderungen des Fachkräftemangels und Onboarding-Strategien besprochen. Zum Thema Telefonie stellte die kaufmännische Geschäftsführerin der Conradia München, Nicole Seyfried, am Beispiel des MVZ Conradia München vor, wie sie durch eine neue Telefonanlage nun über Management-Informationen wie etwa Gesprächsdauer, Kennzahlen zur Gesprächs-Annahme und Qualität verfügt, um die Herausforderung der besseren Erreichbarkeit erfolgreich zu managen. Beim omnipräsenten Thema Fachkräftemangel steckten die Anwesenden die Köpfe zusammen, um ihre Ideen und Erfahrungen auszutauschen. Das Vorbereitungsteam aus Eva Jugel und Mona Schneider hatte dazu einige Fundstücke aus Online-Auftritten zusammengetragen, die vom PR-Video über originell formulierte Stellenanzeigen reichten. Zuletzt wurde über das Onboarding diskutiert, ein oft unterschätztes Thema in Anbetracht dessen, dass inzwischen 30 Prozent der Bewerber ihre Stelle nach Vertragsabschluss schon gar nicht antreten. Insgesamt also ein hilfreicher Austausch von Praxismanager:innen, die im selben Boot sitzen. Diese artikulierten am Ende der Session auch den Wunsch, diese Art der Diskussion zu brennenden Themen im Netz zu etablieren.
Update mpMRT der Prostata
Am Nachmittag stellten PD. Dr. Matthias Röthke und PD. Dr. Alexander Baur die neue S3 Leitlinie der Urologie vor. Diese stärkt den Einsatz der mpMRT im Rahmen der Prostatadiagnostik. Aktuell gibt es keine Neuigkeiten bei der Vergütungssituation. PD Dr. Röthke, der selbst in der DRG AG Uroradiologie und Urogenitaldiagnostik aktiv ist, stellte noch einmal die Q-Zertifizierungen als Ausweis für die Kompetenz in diesem Bereich vor.
Insolvenzrisiken
Akzente setzen bedeutet auch, sich für die Zukunft zu rüsten. In Anbetracht der unsicheren Corona-Lage und der generellen Veränderungen der Branche, auch in Zusammenhang mit den neuen gesundheitspolitischen Herausforderungen nach der Bundestagswahl, sehen sich niedergelassene Radiologen mit steigenden Kosten und Risiken konfrontiert. Daher beschrieb RA Dirk Adam zum Abschluss des 12. Radiologentags die größten Risiken einer möglichen Insolvenz. Krisenfrüherkennung und -management sind dabei die wichtigsten Indikatoren. Auch wenn das Risiko einer Insolvenz noch weit weg erscheint, sei eine gute Vorbereitung und Liquiditätsplanung das A&O, so sein Plädoyer.
Dr. Johannes Schmidt-Tophoff fasste die Highlights des Radiologentags noch zusammen und dankte allen Teilnehmenden für den regen Austausch, sowohl online als auch live vor Ort. Er verwies auf die Online-Vollversammlung am 15. Dezember 2021, in der er auf die Herausforderungen und Strategien für radiologische Praxen und Netze zwischen Praxis und Ketten, ausführlich eingehen wird.
Einen schönen Abschluss bereitete die Immobilienspezialistin Bärbel Mechler mit einer kurzen Präsentation über das innovative Konzept der Heidelberger Bahnstadt, in der sich der Veranstaltungsort befand. Leider musste der geplante Spaziergang wetterbedingt ausfallen. Vielleicht kann er auf dem nächsten Radiologentag stattfinden. Dieser wurde soeben terminiert auf 18./19. November 2022.
Ihre Ansprechpartnerin
Eva Jugel